Die Berichtspflicht des Handelsvertreters ist oftmals Gegenstand von Meinungsverschiedenheiten zwischen ihm und seinem vertretenen Unternehmer. Der Handelsvertreter meint, dass er unter Berufung auf seine Selbstständigkeit den Vorgaben des Unternehmers zur Berichtspflicht nicht zu folgen hat. Auf der anderen Seite ist der vertretene Unternehmer oftmals geneigt, die Vorgaben für die Berichtspflicht zu übertreiben und in den angeforderten Berichten alleine die Kontrollmöglichkeit für die Tätigkeit des Handelsvertreters zu sehen.
Geregelt ist die Berichtpflicht in § 86 Absatz 2 des Handelsgesetzbuches (HGB), wonach der Handelsvertreter dem Unternehmer die erforderlichen Nachrichten zu übermitteln und ihm von jeder Geschäftsvermittlung und von jedem Geschäftsabschluss unverzüglich Mitteilung zu machen hat. Die gesetzliche Formulierung eröffnet für die soeben genannten Sichtweisen einen Anknüpfungspunkt indem geregelt worden ist, dass der Handelsvertreter eben nicht jede Nachricht zu übermitteln hat, sondern nur die „erforderlichen“ Nachrichten. Was allerdings genau unter „erforderlich“ zu verstehen ist, hat der Gesetzgeber der Beurteilung im Einzelfall überlassen.
Erforderliche Nachrichten
Der Begriff der erforderlichen Nachrichten ist durchaus weit auszulegen. Der Unternehmer soll nämlich durch die Berichte des Handelsvertreters in die Lage versetzt werden, seine Produktion und seinen Absatz an den Erfordernissen des Marktes auszurichten. Der Handelsvertreter hat ihm daher alle erforderlichen Informationen zukommen zu lassen, um ihm ein möglichst umfassendes Bild über die Marktsituation zu verschaffen. Die Berichte des Handelsvertreters dienen somit dazu, dass sich der Unternehmer im Hinblick auf seine Absatzchancen ein eigenes Urteil bilden kann, um dann die seinen Interessen gemäßen Maßnahmen ergreifen zu können. Erforderlich sind daher alle Nachrichten, die für das Tätigwerden des Unternehmers und seine eigene Unternehmensentscheidung im Wirkungsbereich des Handelsvertreters notwendig, zweckmäßig und erheblich sein können. Als Maßstab dient jedoch nicht die rein subjektive Sichtweise des speziellen Unternehmers, sondern die Erforderlichkeit der Nachrichten bestimmt sich anhand eines objektiven Maßstabes, der die Interessen eines idealtypischen Unternehmers angemessen berücksichtigt.
Umfang der Berichtspflicht
Auch über den Umfang und wie oft der Handelsvertreter zu berichten hat, gibt es oftmals Meinungsunterschiede. Das Gesetz selbst macht auch hierzu keine konkrete Aussage. Das bedeutet, dass vertragliche Regelungen, z.B. im Handelsvertretervertrag, möglich sind. Bei der Ausgestaltung der Berichtspflicht muss allerdings dem Umstand Rechnung getragen werden, dass der Handelsvertreter ein selbständiger Unternehmer und kein Angestellter des vertretenen Unternehmers ist. Die Berichtspflicht darf daher nicht so weit gehen, dass sie die Selbstständigkeit des Handelsvertreters in seinem Kerngehalt beeinträchtigt. Der Grad der zulässigen Kontrolle ist im Zusammenhang mit der Berichtspflicht dann überschritten, wenn der vertretene Unternehmer mit den in engen zeitlichen Intervallen abverlangten Berichten, die Möglichkeit erhält, den Handelsvertreter zu überprüfen und die selbstbestimmte Gestaltung seiner Tätigkeit zu beeinträchtigen.
Das Bundesarbeitsgericht hat schon vor längerer Zeit in einem Fall entschieden, dass eine wöchentliche Berichterstattung des Handelsvertreters über Zeit, Ort, Erfolg und Misserfolg der Besuche grundsätzlich mit der gesetzlichen Berichtspflicht und seinem Status als Selbständiger zu vereinbaren sind. Aber auch wöchentliche Berichte wurden in der Rechtsprechung in dieser Hinsicht schon das eine oder andere Mal als bedenklich angesehen. Entscheidend ist, dass der verlangte Besuchsbericht dem Marktinformationsbedürfnis des Unternehmers dient, und nicht als bloße Tätigkeitskontrolle ausgestaltet ist. Der Umfang der Berichtspflicht hat sich damit am konkreten Einzelfall zu orientieren. Höhere Anforderungen an die Berichtspflicht können dann gestellt werden, wenn das vertretene Unternehmen über den Normalfall hinaus auf eingehendere Berichte angewiesen ist. Das kann z.B. dann der Fall sein, wenn der Umsatz im Vertretungsbezirk im erheblichen Umfang rückläufig ist. In einem solchen Fall ist dem Handelsvertreter eine häufigere Berichterstattung zumutbar. Der vertretene Unternehmer soll dadurch in die Lage versetzt werden, festzustellen, ob der Umsatzrückgang auf den besonderen Verhältnissen des Marktes oder auf einem Nachlassen beim Handelsvertreter beruht. Umsatzrückgänge können somit auch eine gewisse Kontrolle der Tätigkeit des Handelsvertreters rechtfertigen.
Entsteht allerdings für den Handelsvertreter der Eindruck, dass seine Berichte nicht beachtet werden, wird man es ihm nicht verdenken können, wenn er die Berichterstattung nur noch auf das Nötigste beschränkt oder sogar ganz aufgibt. In einem solchen Fall sollten sich Handelsvertreter und vertretenes Unternehmen darüber verständigen, dass nur noch über besondere, vom Normalfall abweichende Vorkommnisse zu berichten ist.
Form der Berichterstattung
Das Gesetz enthält ebenfalls keine Regelung darüber, in welcher Form die Berichte abzugeben sind. Üblicherweise geschieht dies formlos schriftlich, häufig übermittelt per E-Mail. Besteht zwischen dem Handelsvertreter und dem vertretenen Unternehmen bzw. dem Vertriebsleiter ein enges Vertrauensverhältnis, wird oftmals auch nur telefonisch berichtet. Diese Form der Berichterstattung kann problematisch werden, wenn etwa wichtige Informationen beim vertretenen Unternehmen verloren gehen.
Angesichts der heutigen Wettbewerbssituation im gesamten Handel kommt der Berichtspflicht des Handelsvertreters eine immer größer gewordene Bedeutung zu. Unternehmer und Handelsvertreter sollten diese Pflicht des Handelsvertreters als gemeinsame Chance sehen, in diesen Zeiten erfolgreich am Markt zu bestehen. Denn letztlich dient eine gewissenhafte Berichtspflicht den beiderseitigen Verkaufsinteressen. Der Handelsvertreter als Marktbeobachter vor Ort, der durchaus auch Anregungen für die Verbesserung oder Neueinführung von Produkten geben kann, ist ein Weg dem enormen Wettbewerbsdruck zu begegnen. Entsprechend dieser Bedeutung der Berichtspflicht sollte der vertretene Unternehmer den Berichten des Handelsvertreters eine gewisse Wertschätzung entgegenbringen, d.h. die Berichte nicht nur seinerseits pflichtgemäß auswerten, sondern den Berichten des Handelsvertreters eine eigene Wertschätzung entgegenbringen, die er dem Handelsvertreter gegenüber auch zu erkennen gibt. Der falsche Weg ist es sicherlich, wenn der Unternehmer die Berichte als bloße Tätigkeitskontrolle auffasst und damit der eigentliche Wert der Berichtspflicht auf der Strecke bleibt.
Das Wichtigste in Kürze:
- Erforderlich sind alle Nachrichten, die für eine Entscheidung des Unternehmers im Wirkungsbereich des Handelsvertreters notwendig, zweckmäßig und erheblich sein können.
- Höhere Anforderungen an die Berichtspflicht sind dann zulässig, wenn das vertretene Unternehmen über den Normalfall hinaus auf eingehendere Berichte angewiesen ist.
- Fasst der Unternehmer die Berichte unzulässiger Weise als bloße Tätigkeitskontrolle auf, bleibt der eigentliche Wert der Berichtspflicht auf der Strecke.
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