Will ein Radfahrer nach links in ein Grundstück einbiegen, so muss er sich zur Fahrbahnmitte einordnen, eine zweite Rückschau vornehmen und ein Handzeichen geben. Nimmt er kein Handzeichen vor, so liegt für einen zur Überholung ansetzenden Autofahrer keine unklare Verkehrslage vor. Für einen Unfall trägt der Radfahrer in diesem Fall die Alleinschuld – so hat das Oberlandesgericht Düsseldorf entschieden.
In einem vom Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 07.12.2021 – Aktz. 1 U 216/20 – entschiedenen Fall war ein Radfahrer auf einer Straße unterwegs und wollte links abbiegen. Ein von hinten kommender Autofahrer setzte jedoch im gleichen Moment zum Überholen an und es kam zum Unfall. Der Radfahrer hatte behauptet das erforderliche Handzeichen gegeben zu haben, sich aber nicht zur Fahrbahnmitte eingeordnet und auch keine zweite Rückschau gehalten. Die OLG-Richter entschieden im Berufungsverfahren zugunsten des Autofahrers und nahmen eine vollständige Haftung des Radfahrers an.
Denn wenn ein Radfahrer nach links in ein Grundstück einbiegen möchte, so müsse er sich gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 StVO zur Fahrbahnmitte hin einordnen und gemäß § 9 Abs. 5 StVO eine zweite Rückschau vornehmen. Zusätzlich habe er ein Handzeichen in die Abbiegerichtung hin zu geben.
Die Beweisaufnahme in der 1. Instanz hatte ergeben, dass sich der Radfahrer vor dem Abbiegen nicht zur Fahrbahnmitte eingeordnet und keine zweite Rückschau vorgenommen habe. Der Radfahrer hatte aber behauptet, immerhin ein Handzeichen gegeben zu haben.
Die Richter des Oberlandesgerichtes Düsseldorf entschieden allerdings dennoch zu Gunsten des Autofahrers. Dem Radfahrer stehe kein Anspruch auf Schadensersatz zu, da er den Unfall allein verschuldet habe. Er habe sowohl gegen § 9 Abs. 5 – zweite Rückschau – als auch gegen § 9 Abs. 1 Satz 2 StVO – Einordnen hin zur Fahrbahnmitte – verstoßen. Entgegen der Auffassung des Landgerichts habe insbesondere keine unklare Verkehrslage gemäß § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO vorgelegen. Es sei nicht nachgewiesen worden, dass der Radfahrer vor dem Abbiegen tatsächlich ein Handzeichen gegeben habe. Die entsprechende Behauptung wurde vom beklagten Autofahrer bestritten. Dieser fehlende Nachweis gehe zu Lasten des Klägers, so die Richter des OLG Düsseldorf.
Aus diesem Grund sei auch davon auszugehen, dass für den beklagten Autofahrer keine unklare Verkehrslage gemäß § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO vorgelegen habe, so dass er zum Überholen habe ansetzen dürfen. Die Unfallfolgen habe der Radfahrer daher alleine zu tragen.