Am 15. Januar trafen sich die im Gemeinschaftsausschuss der deutschen Wirtschaft zusammengeschlossenen 19 führenden Verbände der gewerblichen Wirtschaft, darunter auch die CDH, verbunden mit einer anschließenden Aussprache mit der Bundesregierung unter Leitung von Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz Dr. Robert Habeck. Für die CDH nahm Hauptgeschäftsführer Eckhard Döpfer teil.
Zu Beginn des Dialoges und der Betonung der Wichtigkeit dieses Treffens noch vor der Veröffentlichung des Jahreswirtschaftsberichtes umriss Bundesminister Habeck die aus Sicht seines Hauses derzeit bestehende wirtschaftliche Lage. Diese sei und werde maßgeblich bestimmt von der geopolitischen Lage – angefangen von den weiteren Auswirkungen des Ukraine Krieges bis hin zur derzeit bestehenden wirtschaftlichen Lage in China. Sein Haus arbeite mit voller Kraft daran, die Rahmenbedingungen für deutsche Unternehmen zu verbessern. In dieser Hinsicht setze er sich derzeit verstärkt dafür ein, die bestehenden Berichtspflichten nach dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LKSG) solange auszusetzen, bis die in Brüssel derzeit im Trilogverfahren befindliche europäische Richtlinie zum gleichen Thema endgültig verabschiedet sei.
DIHK Präsident Peter Adrian, der derzeit den Vorsitz im Gemeinschaftsausschuss führt, bewertete die aktuelle Lage aus Sicht der Kammerorganisation ausdrücklich als schlecht. Derzeit seien keine positiven Aspekte erkennbar. Insbesondere fünf Themen belasteten die deutsche Wirtschaft, die eine positive Entwicklung erheblich erschwere. Zu hohe Energiekosten, der immer größer werdende Fachkräftemangel, eine marode Infrastruktur, Bürokratie und zu lange Planverfahren sowie ein schlechtes Ranking innerhalb der EU in Bezug auf Steuern und Abgaben.
Jörg Dittrich, ZDH-Präsident, betonte ebenfalls die im Handwerk bestehende schwierige Lage und forderte eine Bildungswende. Die Betriebe seien nicht in der Lage, die tiefgehenden Versäumnisse der schulischen Ausbildung aufzufangen. Eine ausreichende schulische Bildung sei Voraussetzung für die Ausbildungsfähigkeit in den Handwerksbetrieben. Hier bestehe ein dringender Handlungsbedarf. Auch rief er die Bundesregierung dazu auf, die bereits bestehende Baukrise abzuwenden.
BDA-Präsident Rainer Dulger stellte den derzeitigen Mangel an Arbeits- und insbesondere Fachkräften in den Vordergrund. 1,7 Millionen Stellen seien derzeit unbesetzt. Die Rente mit 63 könne sich Deutschland einfach nicht mehr leisten. Auch die Teilzeitarbeit dürfe vor diesem Hintergrund nicht mehr gefördert, sondern eher begrenzt werden. Um qualitativ hochwertige Arbeitskräfte für eine Einwanderung nach Deutschland zu gewinnen, müsse zudem eine Willkommenskultur geschaffen werden, die derzeit wirklich nicht bestehe.
BDI-Präsident Prof. Siegfried Russwurm unterstrich, dass sich die Industrie immer noch hinter dem Stand von vor Corona bewege. Auch warnte er davor, die Abwanderung von Industrie zu unterschätzen. Die auftretenden Netzwerkeffekte würden offenbar nicht erkannt. Denn auch die Zulieferfirmen für die abgewanderten Industrieunternehmen bekämen massive Schwierigkeiten.
Seitens des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) dankte Staatssekretärin Lilian Tschan zunächst für die zuvor ausgesprochenen vielfältigen Hinweise auf den immer größeren Fachkräftemangel. Neben Verbesserungen beim Zuwanderungsrecht im Hinblick auf eine bessere und einfachere Anerkennung von Qualifikationen und Arbeitserfahrungen wolle sich das BMAS in diesem Jahr auch um die inländischen Potentiale kümmern. Die hohe Teilzeitquote bei Frauen und Anreize für längeres Arbeiten würden in den Fokus genommen.
Der gerade erst im Bundesfinanzministerium ernannte Staatssekretär Dr. Wolf Heinrich Reuter wies darauf hin, dass sich Deutschland nach mehreren Krisenjahren auf dem Weg in die finanzpolitische Normalität befände. Daher erachte sein Haus es derzeit für besser, die richtigen fiskalpolitischen Rahmenbedingungen zu setzen als weitere Subventionen aufzusetzen. Aus den vielfältigen Schilderungen der wirtschaftlichen Lage der einzelnen Wirtschaftsbereiche nehme er allerdings mit, dass es wohl doch finanzpolitsicher Impulse bedürfe.
Zum Abschluss des 2-stündigen Austausches sprach Bundesminister Habeck den Wunsch nach einem Stimmungsumschwung aus. Die Bundesregierung wolle hierzu gerne ihren Beitrag leisten.