Für die Anwendung des Ausgleichsanspruches gemäß § 89b HGB auf Vertragshändler ist einzig und alleine im Sinne einer Analogie maßgeblich, ob der Unternehmer einen Unternehmervorteil aus der Geschäftsbeziehung mit dem Vertragshändler gezogen hat. Denn es soll über die gezahlten „Provisionen“ hinaus ein Ausgleich dafür vom Unternehmer geschuldet sein, dass er aus den Geschäftsbeziehungen mit Kunden, die der Vertragshändler beigebracht hat, einen „Goodwill“ d.h. eine begründete Gewinnerwartung hat. Auf eine vertragliche Verpflichtung des Vertragshändlers zur Übertragung der Kundendaten an den Unternehmer bei Vertragsende kommt es insoweit nicht an.
Urteil des LG Nürnberg-Fürth vom 27. November 2018 – Aktz. 2 HK O 10103/12
Die Kammer hatte keine Zweifel, dass der streitgegenständliche Vertrag, vom Typus her einem Vertragshändlervertrag entsprach und hierauf das deutsche Recht Anwendung fand. Dies bedeutete, dass diejenigen Regularien galten, die im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung für einen Ausgleichsanspruch eines Vertragshändlers nach deutschem Recht maßgeblich waren.
Aufgrund eigener Beobachtungen der Kammer in den letzten Jahren lasse sich die Tendenz feststellen, dass eine immer größere Annäherung des Ausgleichsanspruchs für Vertragshändler an denjenigen von Handelsvertretern und insbesondere eine faktische Überlagerung des Richterrechts durch die, nur für Waren-Vertreter direkt geltende EU-Handelsvertreterrichtlinie stattfinde.
Demzufolge sei für die Frage, ob ein Ausgleichsanspruch dem Grunde nach bestehe nach Ansicht der Kammer einzig und allein im Sinne einer Analogie maßgeblich, ob die Beklagte einen Unternehmervorteil aus der Geschäftsbeziehung mit der Klägerin gezogen habe. Es soll über die gezahlten Provisionen hinaus ein Ausgleich dafür vom Unternehmer geschuldet sein, dass er aus den Geschäftsbeziehungen mit Kunden, die der Vertriebshändler beigebracht hat einen „Goodwill“ d.h. eine begründete Gewinnerwartung hat.
Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme und der vorliegenden Urkunden war für die Kammer der Schluss zwingend, dass im vorliegenden Sachverhalt ein Goodwill im Sinne eines materiellen Gewinnerwartungsanspruchs aus den greifbaren Kundendaten auszugleichen sei. Die Kammer konnte sich auch nicht der Ansicht der Beklagten anschließen, dass die diesbezüglichen Aussagen zu diffus sein. Die Beklagte habe jedenfalls die entsprechenden Kunden der Klägerin mit Name und Anschrift griffbereit auf dem Rechner gehabt und habe über diese Daten frei verfügen können.
Dass diese dann möglicherweise nicht verwendet werden konnten, weil die Produkte nicht mehr eigenständig vertrieben wurden, dies aber möglicherweise als geldwerter Vorteil bei der Übernahme des Sortiments durch eine Drittfirma eingeflossen sei, hindere ein Ausgleichsanspruch prinzipiell nicht.
Nach alldem kam nach der von der Kammer vertretenen Rechtsansicht unter Würdigung der tatsächlichen Aspekte aus der Beweisaufnahme ein Ausgleichsanspruch der Klägerin als Vertragshändlerin der Beklagten dem Grunde nach in Betracht.