Eine Schätzung von belegmäßig nicht nachgewiesenen Aufwendungen – hier: Treibstoffkosten – schließt die Anwendung der Fahrtenbuchmethode für die Bemessung des geldwerten Vorteils aus der Überlassung eines betrieblichen Kfz aus.

Der Wert der Nutzung eines betrieblichen Kfz zu privaten Fahrten und für die Nutzung zu Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bzw. erster Tätigkeitsstätte ist entsprechend § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) mittels der 1 %-Regelung und der 0,03 %-Regelung zu ermitteln (§ 8 Abs. 2 Sätze 2 und 3 EStG). Nach § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG kann dieser Wert mit dem auf die private Nutzung und die Nutzung zu Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bzw. erster Tätigkeitsstätte entfallenden Teil der „gesamten Kraftfahrzeugaufwendungen“ angesetzt werden, wenn die durch das Kfz „insgesamt entstehenden Aufwendungen“ durch Belege und das Verhältnis der privaten Fahrten und der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bzw. erster Tätigkeitsstätte zu den übrigen Fahrten durch ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch nachgewiesen werden.

Im entschiedenen Sachverhalt war die Klägerin eine GmbH. Sie überließ zwei Angestellten (A und B) im Zeitraum von Dezember 2011 bis April 2016 jeweils ein betriebliches Fahrzeug auch zur Nutzung zu privaten Fahrten und dem Angestellten A zusätzlich zu Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte (bis 2013) bzw. erster Tätigkeitsstätte (seit 2014). Beide Arbeitnehmer führten zum Nachweis des Verhältnisses der privaten Fahrten und im Falle des A auch der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte/erster Tätigkeitsstätte zu den übrigen Fahrten ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch.

Das Finanzamt stellte im Rahmen einer Lohnsteuer-Außenprüfung fest, dass die Klägerin bei der Ermittlung des geldwerten Vorteils der außerdienstlichen Kfz-Nutzung nach der Fahrtenbuchmethode die Treibstoffkosten nach Durchschnittswerten bemessen hatte. Denn die Fahrzeuge waren an einer betriebseigenen Tankstelle betankt worden, die weder über eine Anzeige der Abgabemenge noch des Abgabepreises verfügte.

Das Finanzamt bemaß den geldwerten Vorteil für die außerdienstliche Kfz-Nutzung daraufhin nach Maßgabe der 1 % und der 0,03 %-Regelung (§ 8 Abs. 2 Sätze 2 und 3 EStG) und nahm die Klägerin für den Streitzeitraum mit Haftungsbescheid vom 6. Februar 2017 in Anspruch.

Der nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage gab das Finanzgericht nur teilweise statt (FG München, Urteil v. 16.10.2020 – 8 K 611/19).

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat die Revision als begründet angesehen und das Urteil des FG München mit Urteil vom 15. Dezember 2022 – VI R 44/20 – veröffentlicht am 23. Februar 2023 aufgehoben. Dies aus den im Folgenden zusammengefassten Gründen:

  • Ausweislich des Gesetzeswortlauts sei die Fahrtenbuchmethode nicht schon dann anzuwenden, wenn ein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch vorgelegt wird, welches das Verhältnis der privaten Fahrten und der Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bzw. erster Tätigkeitsstätte zu den übrigen Fahrten nachweist. Denn § 8 Abs. 2 Satz 4 EStG setze weiter voraus, dass zum einen der Wert der Privatnutzung als Teil der gesamten Kraftfahrzeugaufwendungen angesetzt werde und zum anderen, dass die durch Belege nachzuweisenden Kosten die durch das Kfz insgesamt entstehenden Aufwendungen umfassten. Die Fahrtenbuchmethode gründe damit auf dem Zusammenspiel der Gesamtfahrleistung durch die im Fahrtenbuch selbst vollständig dokumentierten Fahrtstrecken einerseits und einer vollständigen Bemessungsgrundlage dafür andererseits, nämlich dem Ansatz der gesamten Kraftfahrzeugaufwendungen mittels belegmäßiger Erfassung der durch das Kfz insgesamt entstehenden Aufwendungen.
  • Eine Schätzung von belegmäßig nicht erfassten Kosten der überlassenen Fahrzeuge schließe die Anwendung der Fahrtenbuchmethode folglich aus.
  • Dies gelte entgegen der Auffassung der Klägerin selbst dann, wenn aufgrund der gewählten Schätzungsgrundlagen oder eines „Sicherheitszuschlags“ bei der Bemessung des Nutzungsvorteils nach der Fahrtenbuchmethode vermeintlich höhere Gesamtkosten angesetzt werden, als tatsächlich entstanden seien.
  • Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze sei eine Ermittlung des geldwerten Vorteils nach der Fahrtenbuchmethode im Streitfall ausgeschlossen. Die Klägerin habe nicht sämtliche, durch das jeweils überlassene Kfz entstandenen Aufwendungen belegmäßig nachgewiesen. Die durch die Nutzung dieser Fahrzeuge entstandenen (tatsächlichen) Treibstoffkosten gründeten vielmehr auf einer Schätzung. Zwar habe die Klägerin die Einkaufsrechnungen für den insgesamt im Streitzeitraum bezogenen Treibstoff vorgelegt; die anteiligen Treibstoffkosten je PKW habe sie aber nur anhand des vom Fahrzeughersteller angegebenen Durchschnittsverbrauchs sowie des durchschnittlichen Liter-Kraftstoffpreises ermittelt und damit nicht durch Belege nachgewiesen.
  • Die verfassungsrechtlichen Bedenken der Klägerin in Bezug auf eine Übermaßbesteuerung in den Fällen, in denen der zu versteuernde Nutzungsvorteil wegen fehlender Belege nicht nach der Fahrtenbuchmethode bewertet werden könne, sondern zwingend nach Maßgabe der 1 %-Regelung anzusetzen sei, teilte der Senat nicht.

 

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