Eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes (BVerfG) hat in der vergangenen Woche für großen Wirbel in der Öffentlichkeit gesorgt und stellt die Bundesregierung aktuell vor große Herausforderungen. Das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2021 entspricht nicht den verfassungsrechtlichen Vorgaben und ist damit nichtig. Nachstehend die Fakten in aller Kürze.
Die antragstellenden Mitglieder der CDU/CSU-Fraktion wendeten sich mit ihrer Klage vor dem BVerfG gegen die rückwirkende Änderung des Haushaltsgesetzes und des Bundeshaushaltsplans 2021 durch das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz 2021. Mit diesem sollte eine im Bundeshaushalt 2021 als Reaktion auf die Corona-Pandemie vorgesehene, jedoch im Haushaltsjahr 2021 nicht unmittelbar benötigte Kreditermächtigung in Höhe von 60 Milliarden Euro durch eine Zuführung an den „Energie- und Klimafonds“ (EKF), ein unselbständiges Sondervermögen des Bundes, für künftige Haushaltsjahre nutzbar gemacht werden. Die Zuführung erfolgte im Februar 2022 – also rückwirkend – für das abgeschlossene Haushaltsjahr 2021. Der EKF wurde zwischenzeitlich in „Klima- und Transformationsfonds“ (KTF) umbenannt.
Die Richter des BVerfG erklärten das Zweite Nachtragshaushaltsgesetz mit Urteil vom 15. November 2023 unter dem Aktenzeichen 2 BvF 1/22 für nichtig, da dieses nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Grundgesetzes (GG) an notlagenbedingte Kreditaufnahmen entspreche. Dies sei der Fall aus folgenden Gründen:
- Erstens habe der Gesetzgeber den notwendigen Veranlassungszusammenhang zwischen der festgestellten Notsituation und den ergriffenen Krisenbewältigungsmaßnahmen nicht ausreichend dargelegt.
- Zweitens widerspreche die zeitliche Entkoppelung der Feststellung einer Notlage gemäß Art. 115 Abs. 2 Satz 6 GG vom tatsächlichen Einsatz der Kreditermächtigungen den Verfassungsgeboten der „Jährlichkeit und Jährigkeit“. Die faktisch unbegrenzte Weiternutzung von notlagenbedingten Kreditermächtigungen in nachfolgenden Haushaltsjahren ohne Anrechnung auf die „Schuldenbremse“ bei gleichzeitiger Anrechnung als „Schulden“ im Haushaltsjahr 2021 sei demzufolge unzulässig.
- Drittens verstoße die Verabschiedung des Zweiten Nachtragshaushaltsgesetzes 2021 nach Ablauf des Haushaltsjahres 2021 gegen den Haushaltsgrundsatz der Vorherigkeit aus Art. 110 Abs. 2 Satz 1 GG.
Die Entscheidung hat nun zur Folge, dass sich der Umfang des KTF um 60 Milliarden Euro reduziert. Soweit hierdurch bereits eingegangene Verpflichtungen nicht mehr bedient werden können, muss der Haushaltsgesetzgeber dies nunmehr anderweitig auffangen. Weitere Informationen zu der Entscheidung können Sie der Pressemitteilung des BVerfG v. 15.11.2023 entnehmen. Den Volltext der Entscheidung finden Sie hier.