Handelsvertreter haben nach Ende des Vertragsverhältnisses mit ihren Prinzipalen einen Entschädigungsanspruch, wenn diese neue Kunden geworben haben (oder Bestandskunden reaktiviert oder im Umsatz gesteigert haben), die auch nach Vertragsende mit dem Prinzipal Geschäftsbeziehungen unterhalten werden, und keine Billigkeitsgesichtspunkte gegen die Zahlung einer Entschädigung sprechen.
Der Ausgleichsanspruch im deutschen Recht ergibt sich aus § 89 b Absatz 1 HGB. Der Entschädigungsanspruch des Handelsvertreters nach Vertragsende als solcher ist jedoch keine deutsche Besonderheit. Der Ausgleichs-, beziehungsweise Schadensersatzanspruch des Handelsvertreters ergibt sich nämlich bereits aus der europäischen Handelsvertreterrichtlinie, die das Handelsvertreterrecht EU-weit harmonisiert hat.
Unterschiede in den EU-Staaten
Bereits die Handelsvertreterrichtlinie schreibt den zwingenden Anspruch des Handelsvertreters auf Ausgleich oder auf Schadensersatz nach Vertragsbeendigung vor. Die Richtlinie erkennt also zwei Arten dieser Art der Entschädigung an und stellt es den Mitgliedstaaten frei, in ihren nationalen Gesetzen einen Ausgleich, einen Schadensersatz oder eine Wahlfreiheit zwischen beiden zu verankern. In nahezu allen europäischen Ländern hat sich der Ausgleichsanspruch durchgesetzt, der in Deutschland schon lange vor der Handelsvertreterrichtlinie existierte. Frankreich dagegen hat allein den Schadensersatzanspruch in seinem Handelsvertreterrecht verankert. Eine Wahlfreiheit lässt übrigens das britische Recht zu. Hierbei ist zu beachten, dass nach britischem Recht der Ausgleichsanspruch zwischen den Parteien explizit geregelt werden muss, anderenfalls gilt automatisch der Schadensersatzanspruch. Ob Großbritannien an seinem auf der EU-Richtlinie basierenden Handelsvertreterrecht infolge des Brexits weiter festhalten wird, ist allerdings ungewiss.
Das französische Modell des Schadensersatzes im Vergleich
Ein bedeutender Unterschied zwischen beiden Alternativen liegt darin, dass der Ausgleich, angelehnt an das deutsche Recht, die Vorteile ausgleichen soll, die der Prinzipal aus den vom Handelsvertreter geworbenen oder intensivierten Kunden nach Vertragsende zieht. Der französische Schadensersatzanspruch dagegen entschädigt den Handelsvertreter für den Wegfall der Provisionseinnahmen. Daraus folgt, dass der schadensersatzberechtigte Handelsvertreter, im Gegensatz zum ausgleichsberechtigten Handelsvertreter, nicht beweisen muss, wie viele Kunden er genau geworben hat. Diese Frage spielt keine große Rolle, sondern lediglich, der Umstand, dass der Handelsvertreter nach Vertragsende keine Provisionen mehr einnimmt. Der französische Schadensersatzanspruch beträgt in der Regel zwei Jahresprovisionen, errechnet aus dem Durchschnitt der letzten drei Jahresprovisionen, während der Ausgleichsanspruch höchstens einen Jahresdurchschnittsbetrag der Vergütung der letzten fünf Jahre beträgt.
Es lohnt sich also immer vor Beginn der Zusammenarbeit mit einem ausländischen Prinzipal zu prüfen, welches Recht auf den Vertrag anwendbar ist oder sein soll und welche Folgen bei der Anwendung ausländischen Rechts für den Handelsvertreter entstehen. Die Anwendbarkeit französischen Rechts ist jedenfalls hinsichtlich des Entschädigungsanspruchs nach Vertragsende gar nicht so schlecht für den Handelsvertreter. Die CDH steht ihren Mitgliedern in solchen und anderen Fragen stets beratend zur Seite.
Das Wichtigste in Kürze:
- Handelsvertreter haben Dank der europäischen Handelsvertreterrichtlinie in allen EU-Staaten einen Entschädigungsanspruch nach Vertragsende, sofern die gesetzlichen Voraussetzungen vorliegen.
- Die Richtlinie überlässt den Mitgliedstaaten die Entscheidung, ob diese das deutsche Modell des Ausgleichs oder das französische Modell des Schadensersatzes anwenden.
- Die allermeisten EU-Ländern haben sich für das Modell des Ausgleichs entschieden.
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