Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters ist neben Streitigkeiten rund um Provisionsansprüche wohl das am häufigsten umstrittene Thema zwischen Handelsvertretern und ihren vertretenen Unternehmen. Auch im Rahmen der CDH-Rechtsberatung spielt dieser so wichtige Anspruch des Handelsvertreters eine wichtige Rolle. Das ist nachvollziehbar, da Handelsvertreter hier kein Geld verschenken wollen und sollen.
Voraussetzungen des Ausgleichsanspruchs
Der Ausgleichsanspruch, im deutschen Recht in § 89 b HGB geregelt, ist ein aus der EU-weit geltenden Handelsvertreterrichtlinie resultierender und zwingender Anspruch des Handelsvertreters. In allen EU-Mitgliedstaaten gilt somit dieser Anspruch, der nicht im Vorhinein ausgeschlossen oder der Höhe nach reduziert werden kann, weder mündlich noch schriftlich. Voraussetzung für den Ausgleichsanspruch ist die Werbung von Neukunden oder die Umsatzsteigerung mit Altkunden, die dem vertretenen Unternehmen auch nach Beendigung des Handelsvertretervertrages noch erhebliche Vorteile bringen. Zudem dürfen dem Anspruch keine Billigkeitsgesichtspunkte entgegenstehen. Diese Voraussetzungen sind keine deutsche Besonderheit, sondern ergeben sich bereits aus der Handelsvertreterrichtlinie, so dass auch alle weiteren Rechtsordnungen der EU-Staaten den Ausgleichsanspruch unter diese Bedingungen stellen.
Berechnung des Ausgleichsanspruchs
Während die Voraussetzungen für das Entstehen des Ausgleichsanspruchs also EU-weit gelten, stellt die Berechnung des Ausgleichs nach deutschem Recht tatsächlich eine Besonderheit dar. Die Handelsvertreterrichtlinie spricht lediglich davon, dass der Ausgleich einen Betrag nicht überschreiten darf, der einem jährlichen Ausgleich entspricht, der aus dem Jahresdurchschnittsbetrag der Vergütungen, die der Handelsvertreter erhalten hat, errechnet wird. Weitere Aussagen zur Ausgleichsberechnung macht die Richtlinie nicht. Hierzulande wird der Ausgleich aber in zwei Schritten berechnet. Auf der ersten Stufe wird der sogenannte Rohausgleich ermittelt. Auf der zweiten Stufe wird der Höchstbetrag ermittelt, also die in der Richtlinie erwähnte Kappungsgrenze in Höhe einer durchschnittlichen Jahresprovision. Während im Rahmen der Rohausgleichsermittlung Billigkeitsabschläge gemacht werden können, die den Rohausgleich verringern, ist dies beim Höchstbetrag nach deutschem Recht nicht möglich.
Neues Urteil zur Ausgleichsberechnung in Spanien
Wie bereits festgestellt, kennt Spanien – so wie auch die übrigen EU-Staaten – nicht die „deutsche“ zweistufige Ausgleichsberechnung, sondern lediglich die Berechnung des in der Richtlinie geregelten Höchstbetrages. Bisher haben spanische Gerichte den einzig relevanten Höchstbetrag regelmäßig nach unten korrigiert, indem bestimmte Billigkeitsfaktoren, zum Beispiel die Sogwirkung der Marke, Unterstützung durch das vertretene Unternehmens etc., herangezogen wurden, die eine Reduzierung des Ausgleichs rechtfertigen sollten. Diese Korrektur nach unten wird übrigens nach Kenntnis der CDH auch von einigen anderen Gerichten der EU-Staaten, wie etwa den Niederländischen, angewandt.
Nunmehr hat das oberste spanische Gericht festgestellt, dass der im spanischen Recht einzig entscheidende Höchstbetrag, also die durchschnittliche Jahresprovision, nicht durch Billigkeitserwägungen gekürzt werde dürfe, da ein entsprechender Abschlag nicht mit der zwingenden Ausgleichsnorm des spanischen Handelsvertretergesetzes vereinbar sei. Die Entscheidung des spanischen Gerichts vom 1. Juni 2020 ist überzeugend und korrespondiert mit der deutschen höchstrichterlichen Rechtsprechung, wonach der Höchstbetrag – im Gegensatz zum in Deutschland zusätzlich existierenden Rohausgleich – nicht durch Billigkeitsgesichtspunkte reduziert werden dürfe. Die neue spanische Rechtsprechung ist für alle nach dortigem Recht tätigen Handelsvertreter zu begrüßen, da deren Ausgleichsanspruch – eine durchschnittliche Jahresprovision – nicht mehr aufgrund von Billigkeitsgesichtspunkten verringert werden darf.
Am 21. Mai 2021 wird zu diesem Thema und zum weiteren spanischen Handelsvertreterrecht ein CDH Webinar mit den spanischen CDH-Vertrauensanwälten der Kanzlei „Monereo Meyer Abogados“ stattfinden.
Das Wichtigste in Kürze:
- Die Voraussetzungen des Ausgleichsanspruchs dem Grunde nach sind in den EU-Staaten aufgrund der Handelsvertreterrichtlinie weitgehend gleich.
- Die Berechnung des Ausgleichsanspruchs kann jedoch innerhalb der EU von Land zu Land variieren.
- Nach neuester spanischer Rechtsprechung darf der Ausgleichs-Höchstbetrag nicht mehr durch Billigkeitserwägungen reduziert werden
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