Eine Person muss nicht notwendigerweise über die Möglichkeit verfügen, die Preise der Waren, deren Verkauf sie für Rechnung des Unternehmers besorgt, zu ändern, um als Handelsvertreter im Sinne der EU-Handelsvertreterrichtlinie eingestuft zu werden.
Urteil des EuGH vom 4. Juni 2020 – Aktz. C-828 / 18
Der EuGH hatte in diesem Verfahren die Vorlage eines französischen Gerichts zu entscheiden, in welchem es darum ging, ob ein Handelsvertreter eine Verhandlungsmacht über Konditionen, insbesondere Preise, haben muss, um als Handelsvertreter angesehen zu werden.
Nach höchstrichterlicher französischer Rechtsprechung ist ein Handelsvertreter nur dann als ein solcher anzusehen, wenn dieser die Befugnis hat, die Konditionen, insbesondere die Preise, über die Waren, deren Verkauf er für Rechnung des Unternehmers besorgt, zu ändern.
Der EuGH urteilte, dass der Begriff „vermitteln“ in der Definition des Handelsvertreters in der Handelsvertreter-Richtlinie nicht zwingend voraussetzt, dass ein Handelsvertreter eine entsprechende Verhandlungsmacht haben müsse. Aus der in der Richtlinie verankerten Interessenwahrnehmungspflicht des Handelsvertreters ergibt sich, dass dieser sich insbesondere um die Vermittlung oder den Abschluss von Geschäften einsetzen muss. Die Hauptaufgaben des Handelsvertreters bestehen darin, für den Unternehmer neue Kunden zu werben und die Geschäftsverbindungen mit den vorhandenen Kunden zu erweitern. Eine Pflicht zur Verhandlung von Preisen gibt die Richtlinie nicht her. Anderenfalls hätte es das vertretene Unternehmen in der Hand, durch entsprechende Vertragsgestaltung den Handelsvertreterstatus seines Vertragspartners einseitig zu bestimmen, bzw. auszuschließen. Dies liefe dem Schutzzweck der Richtlinie zuwider.