Die Gewährung des Ausgleichsanspruchs muss gemäß § 89b Abs. 1 Nr. 2 HGB ebenfalls der Billigkeit entsprechen. Prognostisch ist dabei von Provisionsverlusten des Handelsvertreters auszugehen. Gemeint mit „Provisionsverlusten“ i. S. d. § 89b Abs. 1 Nr. 2 HGB sind nämlich nicht nur Provisionen aus bereits abgeschlossenen Geschäften, sondern auch zu erwartende Provisionen aus künftigen Geschäften mit von dem Handelsvertreter geworbenen Kunden, also solche, die der Handelsvertreter bei Fortbestand des Vertragsverhältnisses mit von ihm geworbenen Stammkunden – wiederum als Einmalprovisionen – durch die Vermittlung neuer provisionsrelevanter Verträge erzielt hätte.

(Leitsatz der Redaktion)

 LG Köln, Urteil vom 3.5.2024 –  Aktz. 89 O 16/23

 In der Entscheidung des LG Köln ging es um die Ausgleichsberechnung für einen Versicherungsvertreter in welcher der auf eine Ausgleichszahlung gemäß § 89b HGB klagende Versicherungsvertreter diesen bewusst nicht berechnet nach den „Grundsätzen der Versicherungswirtschaft“ geltend gemacht hatte. Der Kläger hatte für die Beklagte vorwiegend Versicherungen über eine betriebliche Altersvorsorge gegenüber Klinikmitarbeitern eines Universitätskrankenhauses über einen Zeitraum von fast 6 Jahren vermittelt. Unter anderem hatte die Beklagte eingewandt, dass bei einer abschließenden Einmalprovision wie diejenige bei Lebensversicherungen keine ausgleichsbedürftigen Provisionsverluste des Handelsvertreters bestünden als ein maßgebliches Billigkeitskriterium i.S.d. § 89b Abs. 1 Nr. 2 HGB und daher kein Anspruch auf eine Ausgleichszahlung in der geltend gemachten Höhe bestehe.

Das LG Köln führte dazu in der Entscheidung vom 3. Mai 2024 unter dem Aktenzeichen 89 O 16/23 aus, dass die Zahlung eines Ausgleichsanspruchs unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und darüber hinaus ausweislich des Wortlautes des § 89b Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 HGB der Billigkeit entsprechen müsse. Die errechneten Provisionsverluste seien deshalb im Anschluss in der Gesamtabwägung aller Billigkeitsaspekte zu berücksichtigen. Dabei könnten die Billigkeitsgründe den errechneten Ausgleichsbetrag erhöhen oder mindern, wobei regelmäßig die Ausgleichshöhe nach unten korrigiert werde. Die Minderung erfolge durch einen pauschalen Billigkeitsabschlag, der unter Berücksichtigung aller Umstände durch richterliche Schätzung zu ermitteln sei.

Das LG Köln stellte fest, dass die Gewährung des Ausgleichsanspruchs im vorliegenden Sachverhalt auch der Billigkeit gemäß § 89b Abs. 1 Nr. 2 HGB entspreche. Es sei prognostisch von Provisionsverlusten des Handelsvertreters auszugehen. Der Einwand, die Provisionen des Klägers für die bereits vermittelten Geschäfte seien abschließend verdient und ihm würden keine Folgeprovisionen entgehen, ließe sich dem nicht entgegenhalten. Gemeint seien mit „Provisionsverlusten“ i. S. d. § 89b Abs. 1 Nr. 2 HGB nicht nur Provisionen aus bereits abgeschlossenen Geschäften, sondern auch zu erwartende Provisionen aus künftigen Geschäften mit von dem Handelsvertreter geworbenen Kunden, also solche, die der Kläger bei Fortbestand des Vertragsverhältnisses mit von ihm geworbenen Stammkunden – wiederum als Einmalprovisionen – durch die Vermittlung neuer provisionsrelevanter Verträge erzielt hätte.

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