1. Das Rechtsschutzbedürfnis für eine Buchauszugsklage kann ausnahmsweise fehlen, wenn die beklagte Partei die Verpflichtung zur Erteilung nicht in Abrede stellt und die Klagepartei den bereit gestellten Auszug nach Vorankündigung hätte abholen können. Etwas anderes gilt jedoch, wenn die Parteien über den notwendigen Inhalt des Buchauszugs unterschiedliche Auffassungen vertreten.
  2. Die Übermittlung eines Buchauszugs an den Klägervertreter hat für sich genommen noch keine Erfüllungswirkung gemäß § 362 BGB, wenn der Klägervertreter nicht über eine diesbezügliche Empfangsvollmacht verfügt. Eine solche ergibt sich nicht aus dem gesetzlichen Umfang der Prozessvollmacht gemäß § 81 ZPO.
  3. Zu Voraussetzungen und Inhalt eines Anspruchs des Versicherungsvertreters gemäß § 87c Abs. 3 HGB auf Auskunft über solche Verträge, die er vermittelt hat und die nach der Beendigung des Vertretervertrages in der Stornohaftungszeit durch den Kunden gekündigt oder in der Beitragszahlung eingeschränkt wurden und bei denen der Kunde im Anschluss einen Ersatz- oder Ergänzungsvertrag über das gleiche Risiko abgeschlossen hat.

 

OLG München, Urteil vom 24. Oktober 2024 – 23 U 3874/22

 

Das OLG München hat eine wichtige Klarstellungen zur Erfüllung eines Anspruchs auf einen Buchauszug für Handelsvertreter getroffen. Es ging dabei um die Frage, wann ein Unternehmen seiner Pflicht zur Erteilung eines Buchauszugs tatsächlich nachgekommen ist – und wann nicht.

Ein Handelsvertreter hatte seinen gesetzlichen Anspruch auf die Erteilung eines Buchauszuges, um die Abrechnung seiner Provisionen nachvollziehen zu können, geltend gemacht. In dem entschiedenen Fall hatte der Unternehmer ihm darauf schriftlich angeboten, den Buchauszug „nach Terminabsprache“ persönlich abzuholen. Das reichte dem Gericht jedoch nicht.

Nach Auffassung des OLG genügt es grundsätzlich nicht, wenn ein Buchauszug nur zur Abholung bereitgestellt wird. Eine rechtliche „Erfüllung“ tritt in solchen Fällen nur ein, wenn der Buchauszug tatsächlich übergeben oder – in Ausnahmefällen – offiziell hinterlegt wird. Im konkreten Sachverhalt war beides jedoch nicht geschehen.

Hinzu kam: Der Buchauszug enthielt nach Auffassung des Gerichts nicht alle erforderlichen Angaben. Zwar hatte das Unternehmen die aus seiner Sicht notwendigen Informationen bereitgestellt, etwa vermittelte Verträge. Nach Meinung des Gerichts fehlten aber wichtige Details – etwa zu Sondervereinbarungen oder Versicherungssummen, die Einfluss auf die Provisionshöhe haben können. Damit lag kein ordnungsgemäßer Buchauszug vor.

Kurz vor der mündlichen Verhandlung hatte der Unternehmer den Buchauszug an das Gericht und an den Anwalt des Handelsvertreters per elektronischem Anwaltspostfach (beA) geschickt. Auch das genügte nach Auffassung der Richter des 23. Senates des OLG München jedoch nicht, um den Anspruch zu erfüllen. Denn der Anwalt war gemäß der vorliegenden Vollmacht nicht ausdrücklich bevollmächtigt, den Buchauszug für den Mandanten entgegenzunehmen. Eine bloße Prozessvollmacht – also die Erlaubnis, den Prozess zu führen – reiche dafür nicht aus.

Das Unternehmen hatte dem Vertreter außerdem vorgeworfen, er handle rechtsmissbräuchlich, weil er den Buchauszug jetzt verlange, obwohl er frühere Abrechnungen nie beanstandet hatte. Auch diesen Einwand ließ das OLG nicht gelten. Der Handelsvertreter habe ein berechtigtes Interesse daran, die Provisionsberechnungen zu überprüfen – zumal das Unternehmen erhebliche Rückforderungen wegen angeblicher Stornierungen geltend gemacht hatte.

 

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