Allein die pauschale Behauptung des Betroffenen und eine schriftliche Bestätigung durch den Arbeitgeber zum drohenden Verlust des Arbeitsplatzes rechtfertigt kein Absehen vom Regelfahrverbot. Das Tatgericht muss die Angaben des Betroffenen und seines Arbeitgebers genau prüfen. Dies hat das Oberlandesgericht Hamm entschieden.

Im Dezember 2021 wurde ein Mann vom Amtsgericht Essen wegen vorsätzlicher Überschreitung der Höchstgeschwindigkeit zu einer Geldbuße verurteilt. Von der Verhängung des Regelfahrverbots sah es ab, da der Betroffene angab, sonst seinen Arbeitsplatz zu verlieren. Er sei als Verkaufsberater in einem großen Autohaus tätig und zu seinen Aufgaben gehöre die Durchführung von Überführungs- und Probefahrten mit gebrauchten Fahrzeugen. Sein Arbeitgeber bestätigte schriftlich, dass er sich im Falle eines Fahrverbots arbeitsrechtliche Sanktionen – einschließlich einer Kündigung – vorbehalte. Aus betrieblichen Gründen könne dem Betroffenen auch kein zusammenhängender Urlaub von drei Wochen gewährt werden.

Das OLG Hamm entschied, dass die pauschalen und nicht näher belegten Behauptungen bzw. Angaben des Betroffenen und des Arbeitgebers für sich genommen kein Absehen vom Regelfahrverbot rechtfertigen. Das Tatgericht dürfe Behauptungen des Betroffenen und Bestätigungen des Arbeitgebers zum drohenden Arbeitsplatzverlust nicht ungeprüft übernehmen. Es müsse die Behauptungen auf ihre Richtigkeit überprüfen und im Urteil darlegen, aus welchen Gründen es die Angaben für glaubhaft halte. Dies sei hier nicht geschehen.

Nach Auffassung des Gerichts bestehen hier Zweifel an der Richtigkeit des drohenden Arbeitsplatzverlustes im Falle eines Fahrverbots. Um die naheliegende Gefahr vorzubeugen, dass der Arbeitgeber lediglich eine Gefälligkeitsbescheinigung ausstellte, müsse das Tatgericht den Betriebsinhaber, Geschäftsführer oder verantwortlichen Personalsachbearbeiter zeugenschaftlich vernehmen. Dabei sei zu beachten, dass kurzfristige Fahrverbote nur in Ausnahmefällen eine Kündigung rechtfertigen.

Da es sich um ein größeres Autohaus handelte, sei aus Sicht des Oberlandesgerichts nicht ansatzweise nachvollziehbar, warum dem Betroffenen kein zusammenhängender Urlaub von drei Wochen gewährt werden könne, so dass ein Teil des zu verbüßenden Fahrverbots in seinem Urlaub liegt. Es müsse festgestellt werden, wie viele Mitarbeiter konkret im Autohaus arbeiten und welche konkreten betrieblichen Belange gegen die Gewährung des zusammenhängenden Urlaubs sprechen.

Auch hätte es der Darlegung bedurft, so das Oberlandesgericht, warum es dem Arbeitgeber nicht möglich sei, dem Betroffenen in dem überschaubaren Zeitraum des Fahrverbots anderweitig zu beschäftigen. Da der Betroffene als Verkaufsberater beschäftigt ist, könne er auch in den Verkaufsräumen des Autohauses tätig sein und dort Kunden beraten sowie Verkaufsgespräche führen.