Nicht nur in Zeiten von Corona entsteht immer wieder einmal Streit zwischen Handelsvertreter und Unternehmer über die Vollständigkeit der Provisionsabrechnung. Daher ist es nicht verwunderlich, dass die sogenannten Kontrollrechte des Handelsvertreters – der Anspruch auf Buchauszug, der Auskunftsanspruch und der Anspruch auf Bucheinsicht – bei Streitigkeiten zwischen vertretenem Unternehmer und Handelsvertreter recht häufig eine Rolle spielen.

Als Grundtatbestand hat der Handelsvertreter zunächst den Anspruch auf eine Abrechnung. Diese soll den Handelsvertreter in die Lage versetzen, unter Hinzuziehung seiner eigenen Unterlagen zu überprüfen, ob alle im fraglichen Zeitraum ihm zustehenden Provisionen vom Unternehmer erfasst wurden.

Der Buchauszug

In Ergänzung zur Abrechnung und insbesondere zu Ihrer Nachprüfung kann der Handelsvertreter nach erteilter Abrechnung einen Buchauszug über alle Geschäfte verlangen, für die ihm eine Provision gebührt. Er kann diesen Anspruch auch für bereits abgerechnete Zeiträume jederzeit während des Vertragsverhältnisses und auch danach geltend machen, soweit die zugrundeliegenden Provisionsansprüche noch nicht verjährt sind. Auch kann dieser Anspruch ohne jede nähere Begründung geltend gemacht werden. Es genügt, dass der Handelsvertreter den Buchauszug verlangt. Der Buchauszug hat nach § 87c Abs. 2 HGB alle Geschäfte zu erfassen, für die dem Handelsvertreter nach den vertraglichen Vereinbarungen in Verbindung mit § 87 HGB Provisionen zustehen oder zustehen können. Folglich sind auch solche Geschäftsvorgänge in den Buchauszug aufzunehmen, über deren Provisionspflicht Streit besteht. Die Erteilung des Buchauszuges darf nämlich nicht die Entscheidung bereits vorweg nehmen, ob ein bestimmtes Geschäft auch provisionspflichtig ist oder nicht. Die Entscheidung über Zweifelsfälle der Provisionspflicht beschränkt den Inhalt des Buchauszuges damit nicht. Der Buchauszug ist laut ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes eine aus sich selbst heraus verständliche Zusammenstellung aller Angaben aus den Geschäftsbüchern und Geschäftspapieren des Unternehmers, die für die Berechnung, Höhe und Fälligkeit der Provisionen des Handelsvertreters bedeutsam sein können. Er muss die Provisionsansprüche des Handelsvertreters berührenden Geschäfte vollständig, klar und übersichtlich darstellen und für den Zeitpunkt seiner Aufstellung eine bis ins Einzelne gehende Bestandsaufnahme der betroffenen Kundenbeziehungen des Unternehmers wiedergeben. Der Buchauszug muss deshalb neben der genauen Anschrift der Vertragspartner für den Handelsvertreter alle wesentlichen Inhalte der vermittelten Verträge, nämlich die gelieferte Menge, Preise und sonstige Abreden enthalten. Im Falle von Retouren sind deren Gründe anzugeben. In dem Buchauszug sind ferner die Geschäfte anzugeben, die nach § 87a Abs. 3 HGB provisionspflichtig sein können, hierbei sind auch die Gründe für die Nichtausführung mitzuteilen. Der Unternehmer muss ferner auch über die vertragswidrig abgeschlossenen Geschäfte in dem Buchauszug Aufschluss geben sowie die noch schwebenden Geschäfte erfassen.

Der Buchauszug als Kontrollmittel der einzelnen Provisionsabrechnungen ist grundsätzlich mit dem oben dargestellten Inhalt gesondert zu erteilen. In welcher Form dies zu erreichen ist, hängt von Art und Umfang der im Einzelfall anzugebenden Tatsachen ab. Dabei kommen neben einer tabellarischen auch andere geordnete Darstellungsweisen in Betracht. Es ist deshalb nicht gerechtfertigt, den Unternehmer auf eine bestimmte Form – z.B.  tabellarische Darstellungsweise – zu verpflichten und ihm damit die Freiheit zu nehmen, unter mehreren gleich geeigneten Darstellungsweisen die für ihn kostengünstigere zu wählen.

Keine Unzumutbarkeit wegen hoher Kosten

Unverhältnismäßige hohe Kosten stehen dem Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges nicht entgegen. Ein „vollkaufmännischer“ Unternehmer, der mit Handelsvertretern arbeitet, muss sich schon von vorneherein auf ein mögliches Buchauszugsverlangen einstellen und demzufolge seine Buchführung so einrichten, dass er der Forderung des Handelsvertreters unschwer und mit möglichst geringem eigenen Aufwand nachkommen kann. Hat er dies versäumt, so geht ein durch die erforderliche umständliche Auswertung der Geschäftsbücher entstehender Aufwand – mag dieser auch noch so hoch sein –  zu seinen Lasten.

Rechte bei Unvollständigkeit

Bei Unvollständigkeit des Buchauszuges hat der Handelsvertreter einen Anspruch auf Ergänzung, bei schweren Fehlern, die den Buchauszug so unbrauchbar machen, dass er für die Überprüfung der Abrechnung nicht geeignet ist, steht dem Handelsvertreter ein Anspruch auf Erteilung eines neuen fehlerfreien und vollständigen Buchauszuges zu. Bei begründeten Zweifeln an der Richtigkeit oder der Vollständigkeit des Buchauszuges kann der Handelsvertreter auch unmittelbar Bucheinsicht verlangen.

Der Auskunftsanspruch

Der in § 87c Abs. 3 HGB geregelte Anspruch auf Mitteilung über alle Umstände, die für den Provisionsanspruch, seine Fälligkeit und seine Berechnung wesentlich sind, ergänzt den Anspruch des Handelsvertreters auf Erteilung einer Abrechnung und des Buchauszuges. Der Auskunftsanspruch ist dabei nicht nachrangig zum Buchauszug obwohl dies teilweise in der Literatur noch vertreten wird. Er ergänzt diesen vielmehr und ermöglicht es dem Handelsvertreter auch das in Erfahrung zu bringen, was sich nicht unmittelbar aus den Geschäftsbüchern ergibt, aber gleichwohl für die Berechnung seines Provisions- oder Ausgleichsanspruches von Bedeutung ist.

Der Anspruch auf Bucheinsicht

  • 87 c Abs. 4 HGB gibt dem Handelsvertreter schließlich das Recht, Einsicht in die Bücher des Unternehmers zu verlangen, wenn dieser die Erteilung eines Buchauszuges verweigert oder begründete Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Abrechnung oder des Buchauszuges bestehen. Hierfür ist es bereits ausreichend, dass ein begründeter Anlass gegeben ist, um auch nur eine einzige Rechnungsposition anzuzweifeln. Gleiches gilt bei einem nachweislich nicht aufgeführten Geschäft. Der Unternehmer kann in diesem Fall wählen, ob er die Bucheinsicht dem Handelsvertreter selbst oder einem vom Handelsvertreter bestimmten vereidigten Buchsachverständigen gewähren will. Das Wahlrecht für einen Buchsachverständigen ist dem Unternehmer an die Hand gegeben, um seinem Geheimhaltungsinteresse Rechnung tragen zu können. Entscheidet er sich für diese Alternative, ist dem Handelsvertreter persönlich die Einsicht verwehrt. Macht der Unternehmer von seinem Schutzrecht allerdings keinen Gebrauch und wählt er die Einsicht durch den Handelsvertreter, dann bedeutet dies hingegen nicht, dass der Handelsvertreter nur höchstpersönlich Bucheinsicht nehmen dürfte. Es entspricht vielmehr allgemeiner Auffassung, dass er dann auch berechtigt ist, sich einer fachkundigen Hilfsperson zu bedienen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Anspruch auf Buchauszug kann ohne jede nähere Begründung geltend gemacht werden; es genügt, dass der Handelsvertreter den Buchauszug verlangt.
  • Unverhältnismäßige hohe Kosten stehen dem Anspruch auf Erteilung eines Buchauszuges nicht entgegen.
  • Für das Entstehen des Bucheinsichtsanspruchs genügt es, wenn begründete Zweifel an nur einer Position des Buchauszuges bestehen.

 

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