Der Anspruch auf Zeugnisberichtigung eines ausgeschiedenen Mitarbeiters gegenüber seinem ehemaligen Arbeitgeber kann auch noch zwei Jahre nach Zeugniserteilung bestehen. So hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg kürzlich entschieden.
Der rechtlichen Auseinandersetzung lag der folgende Sachverhalt zugrunde: Ein Vertriebsmitarbeiter hatte nach 14-jähriger Tätigkeit zu Ende März 2019 gekündigt. Zuvor hatte der Arbeitgeber seinerseits mehrfach ohne Erfolg wegen angeblichen Fehlverhaltens gekündigt, wogegen der Mitarbeiter jedes Mal mit Erfolg geklagt hatte. Nach seinem Ausscheiden verlangte der Mitarbeiter ein Zeugnis, das der Arbeitgeber auch erteilte und auf entsprechende Bitte hin geringfügig änderte. Allerdings war das Zeugnis auch in geänderter Fassung unbrauchbar, da es darin hieß, der Mitarbeiter habe angeblich eine streng geheime technische Zeichnung an einen Konkurrenten übermittelt. Der Mitarbeiter sei seinen Aufgaben „nicht gewachsen“ gewesen und habe sich als „nicht belastbar“ erwiesen. Seine vormals gezeigten Leistungen seien durch einen angeblich leichtfertigen Umgang mit vertraulichen Informationen „vollständig entwertet“ worden.
Dieses Zeugnis beanstandete der Mitarbeiter im Oktober 2019 über einen Anwalt als „unterirdisch“ und gesetzeswidrig und machte Ansprüche auf Schadensersatz geltend. Erst zwei Jahre später erhob er Klage auf Zeugnisberichtigung. Das Arbeitsgericht Stuttgart wies die Klage ab, da es aufgrund der Zeit, die zwischen Zeugniserteilung und Klage verstrichen war, davon ausging, dass der Anspruch auf Zeugnisberichtigung nach Treu und Glauben gemäß § 242 BGB verwirkt sei.
Die Richter des Landesarbeitsgerichts (LAG) Baden-Württemberg – Urteil vom 31.5.2023, 4 Sa 54/22 – sahen das anders und verurteilten den Arbeitgeber zur Zeugnisberichtigung. Aufgrund des böswilligen Zeugnisinhalts und des dagegen gerichteten Protestes des Klägers im Oktober 2019 könne der Arbeitgeber nicht darauf vertrauen, nicht mehr auf Zeugnisberichtigung verklagt zu werden.