Das Landgericht Hanau hat im Berufungsverfahren entschieden, dass der aus einem Grundstück mit dem PKW in den Straßenverkehr Einfahrende bei einer Kollision mit einem Fahrradfahrer auch dann den Unfall allein verursacht hat und für die entstandenen Schäden haften kann, wenn der Fahrradfahrer verkehrswidrig nicht den gekennzeichneten Fahrradweg benutzt hat, sondern auf der Straße gefahren ist.  

Der Entscheidung des LG Hanau – Beschluss vom 30.08.2023, Aktenzeichen 2 S 65/22 – lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Fahrerin eines PKW beabsichtigte, mit ihrem Pkw aus ihrem Anwesen auf die Straße einzubiegen, und tastete sich in diese hinein. Die Sicht war durch am Fahrbahnrand geparkte Fahrzeuge erschwert. Auf der Hauptfahrspur näherte sich zugleich eine Fahrradfahrerin, obwohl an der Unfallstelle ein kombinierter Fahrrad-/Fußgängerweg existierte. Es kam zur Kollision, indem das Fahrrad gegen die linke vordere Seitenwand des PKW stieß. Die Fahrerin des PKW klagte die Hälfte des an ihrem Fahrzeug entstandenen Schadens ein und meinte, die Fahrradfahrerin treffe ein Mitverschulden, weil sie verkehrswidrig nicht den Fahrradweg benutzt habe.

Das Amtsgericht Hanau hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Berufung hatte ebenfalls keinen Erfolg. Die PKW-Fahrerin hat aufgrund des Verstoßes gegen das in § 10 S. 1 StVO festgehaltene Sorgfaltsgebot bei Einfahren von einem Grundstück in den Straßenverkehr den Unfall allein verursacht. Ein Mitverschulden der Fahrradfahrerin an der Kollision hat das Landgericht hingegen verneint.

Diese habe zwar gegen § 2 Abs. 4 S. 2 StVO durch Nichtbenutzung des gemäß Zeichen 241 StVO ausgewiesenen Radwegs verstoßen. Auch wäre der Unfall möglicher Weise nicht geschehen, weil sich das Fahrrad bei Benutzung des Radwegs im Moment des Einfahrens des PKW in die Straße an einer anderen Stelle befunden habe. Die Nutzungspflicht für Radwege soll jedoch keine Kollisionen mit PKW verhindern, die aus einem Grundstück in die Straße einfahren. Es soll vielmehr Gefahren eines gemischten Verkehrs begegnet werden. Insbesondere dienen getrennte Radwege dem Schutz von Radfahrern im dichten Verkehr mit geringen Seitenabständen.

Die Entscheidung ist rechtskräftig.