Die ordentliche Kündigung eines Handelsvertretervertrags erscheint auf den ersten Blick unkompliziert. Schließlich braucht sie keine Begründung und im Vertrag stehen meist auch die geltenden Kündigungsfristen. Doch in der Praxis gibt es einige rechtliche Fallstricke, die oft übersehen werden – gerade wenn Kündigungsfristen und -termine nicht sorgfältig voneinander unterschieden oder unzutreffend kombiniert werden.
Gesetzliche Mindestkündigungsfristen – unbedingt einhalten!
Für Handelsvertreterverträge, die auf unbestimmte Zeit abgeschlossen wurden, gelten zwingende gesetzliche Mindestkündigungsfristen (§ 89 Abs. 1 HGB). Je nach Dauer des Vertrags verlängern sich diese stufenweise:
- im 1. Vertragsjahr: 1 Monat,
- ab dem 2. Jahr: 2 Monate,
- ab dem 3. Jahr: 3 Monate,
- ab dem 6. Jahr: 6 Monate –
jeweils zum Ende eines Kalendermonats.
Diese Fristen dürfen vertraglich nicht verkürzt werden – auch nicht durch scheinbar einvernehmliche Regelungen. Werden sie dennoch im Vertrag zu kurz bemessen, sind sie unwirksam und werden durch die gesetzliche Frist ersetzt.
Kündigungstermin – vertragliche Spielräume mit Vorsicht nutzen
Im Gegensatz zur Kündigungsfrist erlaubt das Gesetz beim Kündigungstermin Flexibilität. Zwar sieht § 89 HGB grundsätzlich das Vertragsende zum Monatsende vor, doch die Parteien können auch abweichende Termine vereinbaren – etwa:
- zum Quartalsende,
- zum Halbjahresende,
- zum Jahresende
oder - zu bestimmten branchenspezifischen Stichtagen (z. B. Saisonende oder Messetermine).
Solche abweichenden Kündigungstermine sind grundsätzlich zulässig – aber nur, wenn die gesetzlich vorgeschriebene Kündigungsfrist eingehalten wird. In der Praxis kommt es nämlich oft zu Problemen, wenn beide Punkte – Kündigungsfrist und Kündigungstermin – gleichzeitig geregelt wurden, sich aber nach längerer Vertragslaufzeit widersprechen.
Ein typisches Beispiel: Ein Vertrag erlaubt die Kündigung nur zum 31. Dezember eines Jahres mit einer Frist von drei Monaten. Wird aber nach dem fünften Jahr gekündigt, wären laut Gesetz sechs Monate erforderlich. Wird dennoch mit drei Monaten gekündigt, stellt sich die Frage: Gilt dann auch der vereinbarte Kündigungstermin nicht mehr?
Die Antwort aus der Rechtsprechung: Nein – der Kündigungstermin bleibt in der Regel wirksam, auch wenn die vertraglich vereinbarte Frist zu kurz war. Das heißt: Die zu kurze Frist wird durch die gesetzliche ersetzt, aber der vertraglich vereinbarte Kündigungszeitpunkt (z. B. 31. Dezember) bleibt bestehen.
Was sagen die Gerichte konkret dazu?
Das Landgericht Hechingen (Urt. v. 21.03.2003 – 5 O 93/02) sowie das OLG Stuttgart (Urt. v. 19 U 74/03) haben bereits vor längerer Zeit entschieden, dass Kündigungsfrist und Kündigungstermin zwei eigenständige Vertragsbestandteile sind. Wird nur die Frist als unwirksam eingestuft, bleibt der Kündigungstermin wirksam. Nur in seltenen Ausnahmefällen könnte etwas anderes gelten – z. B. wenn beide Regelungen untrennbar miteinander verbunden wären.
Für Handelsvertreter bedeutet das, dass beim Blick in den Vertrag Kündigungsfristen und -termine getrennt geprüft werden sollten. Wer sicher kündigen will, muss sich an die gesetzlichen Fristen halten – besonders bei längerer Vertragsdauer. Ein abweichender Kündigungstermin ist möglich, muss aber zur Frist passen. Die Regelungen zur Kündigung in einem Handelsvertretervertrag sollten daher in jedem Fall auf die Stimmigkeit in Bezug auf die zwingenden Kündigungsfristen in § 89 Abs. 1 HGB überprüft werden. Sollten die Parteien zusätzlich einen Kündigungstermin abweichend vom Gesetz vereinbaren wollen, sollten die zwingenden Kündigungsfristen des § 89 HGB auch bei einer Laufzeit von mehr als fünf Jahren unbedingt in die Überlegungen zu einer möglichen Vertragsbeendigung mit einbezogen werden. So werden rechtliche Unsicherheiten bei einer späteren Vertragsbeendigung vermieden.
Das Wichtigste in Kürze
- Kündigungsfristen sind zwingend in § 89 Abs. 1 HGB geregelt, dies gilt jedoch nicht für einen zusätzlich vereinbarten Kündigungstermin.
- Eine zu kurz vereinbarte Kündigungsfrist hat nicht zur Folge hat, dass auch der gleichzeitig vereinbarte Kündigungstermin unwirksam wird.
- Der weiter gültige Kündigungstermin kann in Verbindung mit einer als Ersatz Anwendung findenden längeren gesetzlichen Kündigungsfrist das durch die Kündigung bewirkte Vertragsende erheblich hinausschieben.