Eine deutlich über der Richtgeschwindigkeit auf Autobahnen von 130 km/h liegende Ausgangsgeschwindigkeit ist bei der Haftungsabwägung als betriebsgefahrerhöhend zu berücksichtigen. Eine Überschreitung der Richtgeschwindigkeit um ca. 70 km/h kann laut einem Urteil des OLG Schleswig demnach eine Mithaftung von 25% rechtfertigen.
Die deutlich über der Richtgeschwindigkeit auf Autobahnen von 130 km/h liegende Ausgangsgeschwindigkeit bei der Haftungsabwägung ist als betriebsgefahrerhöhend zu berücksichtigen, denn durch sie vergrößert sich in haftungsrelevanter Weise die Gefahr, dass sich andere Verkehrsteilnehmer auf diese Fahrweise nicht einstellen und insbesondere die Geschwindigkeit unterschätzen.
Die Richter des OLG Schleswig schlossen sich in ihrem Urteil vom 15.11.2022 – Aktz. 7 U 41/22 insoweit den Ausführungen des Oberlandesgerichts Hamm (Urteil v. 25.11.2010 – Az: 6 U 71/10) an, wonach bei einer Überschreitung um 30 km/h die Betriebsgefahr im Regelfall nicht mehr zurücktritt, weil die Geschwindigkeit dann deutlich über der Richtgeschwindigkeit liegt.
Die Mithaftung der Beklagten am Unfall sei hiernach bei einer Überschreitung der Richtgeschwindigkeit um ca. 70 km/h mit 25 % anzusetzen. Die vom Landgericht in 1. Instanz insoweit angesetzten 10 % berücksichtigten die deutliche Überschreitung der Richtgeschwindigkeit nicht ausreichend. Soweit der Senat selbst in einer eine gänzlich andere Sachverhaltskonstellation betreffenden Entscheidung (Urteil vom 30.03.2022 – Az: 7 U 139/20) eine nicht zurücktretende Betriebsgefahr mit lediglich 10 % bewertet hat, sei dies lediglich dem Umstand geschuldet gewesen, dass dem Senat die Heraufsetzung der Quote aufgrund der Grundsätze des Berufungsrechts verwehrt gewesen wären (Verbot der „reformatio in peius“).