Das OLG München hat mit Urteil vom 5. August 2021 (Az. 29 U 2411/21 Kart) klargestellt, wie mit sog. „deutschen“ Limited Gesellschaften nach dem Brexit zu verfahren ist, vor allem wie mit der Haftungsbeschränkung der Limited zu verfahren ist.
Da Großbritannien nach dem Austritt aus der Europäischen Union als sog. Drittstaat anzusehen ist, können sich die in Deutschland verbliebenen und operierenden Limited Gesellschaften, die ihren Verwaltungssitz in Deutschland haben, nicht mehr auf die Niederlassungsfreiheit nach Art. 54, 49 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) berufen.
Die hieraus folgende Anwendung deutschen Rechts führt zu einer Behandlung der Limited als Einzelkaufmann, GbR oder OHG und lässt die Haftungsbeschränkung für die hinter der Limited stehenden Gesellschafter entfallen. Für alle Verbindlichkeiten der (ehemaligen) Limited haften die Einzelunternehmer oder Gesellschafter persönlich und unbeschränkt, da die Haftungsbeschränkung der Limited entfallen ist.
Nachstehend die vom OLG München veröffentlichten amtlichen Leitsätze des Urteils vom 5. August 2021 (Az. 29 U 2411/21 Kart):
Seit dem Vollzug des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union gemäß Art. 50 EUV durch Ablauf der Übergangsfrist am 31.12.2020 ist eine britische Limited, die ihren tatsächlichen Verwaltungssitz in Deutschland hat, nach der sogenannten milden Form der Sitztheorie je nach tatsächlicher Ausgestaltung als GbR, OHG oder – bei nur einer Gesellschafterin – als einzelkaufmännisches Unternehmen zu behandeln.
Eine Fortgeltung der Gründungstheorie mit der Konsequenz der fortbestehenden Rechts- und Parteifähigkeit einer britischen Limited trotz tatsächlichem Verwaltungssitz in Deutschland wie unter der Geltung der Niederlassungsfreiheit gemäß Art. 49, 54 AEUV folgt nicht aus dem Handels- und Kooperationsabkommen zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich vom 24.12.2020 (ABl. L 444/2020 vom 31.12.2020), weil es keine Vorschriften enthält, die ausdrücklich und unmittelbar die Niederlassungsfreiheit gewähren, sondern sich aus seinem Anhang SERVIN-1 Nr. 10 vielmehr ergibt, dass die Parteien des Abkommens die Niederlassungsfreiheit gerade nicht in Bezug nehmen oder vereinbaren wollten.