Das Oberlandesgericht Zweibrücken hatte kürzlich über die Haftungsverteilung nach einem Verkehrsunfall zwischen einem nach links auf einen Feldweg abbiegenden Traktorfahrer und einem überholenden Pkw-Fahrer zu entscheiden.
Dem Beschluss des Oberlandesgerichtes Zweibrücken vom 24. April 2024 – Aktz. 1 U 116/23 – lag dabei folgender Sachverhalt zugrunde. Der auf Schadensersatz und Schmerzensgeld klagende Traktorfahrer steuerte seinen Traktor, der bauartbedingt nur 40 km/h schnell fährt. Ein entsprechender Aufkleber war links hinten angebracht. Er beabsichtigte, nach links in einen Feldweg einzubiegen; zu diesem Zweck hatte er den Blinker links gesetzt. Von hinten nahte der Beklagte mit seinem Pkw. Auf der Strecke besteht ein Überholverbot mit Ausnahme von Kraftfahrzeugen und Zügen, die nicht schneller als 25 km/h fahren können oder dürfen. Beim Linksabbiegen kollidierte der Traktor mit dem überholenden Pkw, hierbei wurde der Traktor zerstört und der Kläger nicht unerheblich verletzt. Das Landgericht hatte die Verantwortlichkeit für den Unfall noch allein beim überholenden Pkw-Fahrer gesehen. Hiergegen wendete sich dieser mit seiner Berufung.
Auf seine Berufung hin hat das OLG Zweibrücken die Haftungsquote geändert. Der Traktorfahrer haftet für die Unfallfolgen mit 25 %, der Pkw-Fahrer zu 75 %. Die Verpflichtung der Beteiligten zum Ersatz der Unfallschäden hänge insbesondere davon ab, inwieweit diese von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden seien. Nach anerkannten Regeln seien bei der Abwägung nur solche Umstände relevant, die ursächlich für den Schaden geworden seien. Die für die Abwägung maßgeblichen Umstände müssten nach Grund und Gewicht feststehen, d.h. unstreitig, zugestanden oder bewiesen sein. Im konkreten Fall stehe fest, dass der Traktorfahrer gegen die ihn treffende doppelte Rückschaupflicht verstoßen habe; ein Linksabbieger müsse sich vor dem Einordnen und nochmals unmittelbar vor dem Abbiegen vergewissern, dass das beabsichtigte Abbiegen gefahrlos möglich sei.
Der Pkw-Fahrer habe demgegenüber das Überholverbot missachtet und zudem bei unklarer Verkehrslage überholt; diese ergebe sich aus dem nach links am Traktor gesetzten Blinker. Die mehrfachen und nicht unerheblichen Verstöße gegen Regeln des Straßenverkehrsrechts rechtfertige die überwiegende Haftung des Pkw-Fahrers. Die Mitverantwortlichkeit des Traktorfahrers trete demgegenüber nicht zurück. Zwar kommt unter Umständen auch eine Alleinhaftung des Überholenden in Betracht; dies indes nur dann, wenn sich das Überholen als grob verkehrswidrig und rücksichtslos darstellt. Hiervon sei für den Streitfall nicht auszugehen gewesen.