Immer wieder kommt in der täglichen Beratungspraxis die Fragestellung auf, ab wann der Handelsvertreter die Kaufmannseigenschaft besitzt und wann er demzufolge zur Eintragung in das Handelsregister verpflichtet ist.

 Mit der letzten großen Handelsrechtsreform wurde unter anderem auch der Kaufmannsbegriff neu gefasst. Nach § 1 des Handelsgesetzbuches ist nunmehr jeder Gewerbetreibende Kaufmann, es sei denn, das Unternehmen erfordert nach Art und Umfang keinen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb. Ist letzteres der Fall, so handelt es sich um einen sogenannten Kleingewerbetreibenden, der grundsätzlich nur den Regelungen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) unterfällt, nicht aber dem Handelsrecht. Kleingewerbetreibende üben zwar eine Gewerbe aus, sind aber für das Gesetz Nichtkaufleute. Anzumerken ist bereits an dieser Stelle, dass die Frage der Kaufmannseigenschaft des Handelsvertreters keinen Einfluss auf die Geltung des ebenfalls im Handelsgesetzbuch enthaltenen Handelsvertreterrechts hat. Im Gesetz wird ausdrücklich klargestellt, dass das Handelsvertreterrecht uneingeschränkt für alle Handelsvertreter gilt, gleichgültig, ob diese Kleingewerbetreibende oder Kaufleute sind.

 Der Ist- und der Kann-Kaufmann

Nur der Handelsvertreter als sog. Ist-Kaufmann unterliegt allerdings den weiteren Rechten und Pflichten des Handelsrechts und muss sich dann auch in das Handelsregister eintragen lassen. Der kleingewerbliche Handelsvertreter wiederum hat die Möglichkeit den Kaufmanns-Status durch freiwillige Eintragung in das Handelsregister zu erlangen. Als sog. Kann-Kaufmann unterliegt auch er dann dem Handelsrecht und dies im gleichen Umfang wie der Ist-Kaufmann. Jederzeit kann der Kann-Kaufmann diese Entscheidung auch wieder rückgängig machen, durch eine entsprechend Abmeldung im Handelsregister.

 Kaufmännischer Status auch bei Unkenntnis

Entscheidend ist und bleibt nun die Frage, ab welcher Betriebsgröße beim Handelsvertreter ein kaufmännisch eingerichteter Geschäftsbetrieb anzunehmen ist. Die Beantwortung dieser Frage ist ebenfalls von grundlegender Bedeutung, da die Einordnung eines Gewerbetreibenden als Kaufmann rechtliche Konsequenzen nach sich zieht, die unabhängig davon eintreten, ob der Betreffende tatsächlich weiß, dass er Kaufmann ist. Dabei geht es auch nicht nur alleine um die Frage, ob die dann selbstverständlich bestehende Pflicht zur Eintragung ins Handelsregister besteht. Denn diese Eintragung hat für denjenigen, der kraft seines kaufmännischen Geschäftsbetriebes Ist-Kaufmann ist, ohnehin nur klarstellende Bedeutung. Mit der Einstufung als Kaufmann sind nämlich weitergehende Rechte und Pflichten verbunden, deren Kenntnis für den Gewerbetreibenden aus zivilrechtlicher Sicht von entscheidender Bedeutung sein kann. Zu nennen sind an dieser Stelle etwa das Recht zur Firmenführung, die besonderen kaufmännischen Untersuchungs- und Rügepflichten, besondere Zinsregelungen, Gerichtsstandsvereinbarungen und auch die Zuständigkeit der Kammer für Handelssachen bei anstehenden gerichtlichen Auseinandersetzungen.

Kaufmännischer Geschäftsbetrieb

Die Frage, ab wann nun ein Unternehmen nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Art und Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, ist vom Gesetzgeber allerdings nicht festgelegt worden. Für diese Feststellung ist daher eine individuelle Beurteilung des jeweiligen Unternehmens in Abhängigkeit von der Branche und dem jeweiligen Geschäftsfeld vorzunehmen. Es findet dabei eine Gesamtwürdigung aller für einen kaufmännischen Geschäftsbetrieb sprechenden Indizien statt. In der Rechtsprechung sind hierzu im Laufe der Zeit eine Vielzahl von Kriterien entwickelt worden.

 Die Kriterien, die für einen kaufmännischen Geschäftsbetrieb sprechen

Für den Bereich der Handelsvertretungen sind dies im Einzelnen:

  • der jährliche Brutto-Provisionsumsatz,
  • die Größe der Betriebsräume,
  • das Anlage- und Betriebskapital,
  • die Zahl der Angestellten und die Art ihrer Tätigkeit,
  • die Notwendigkeit doppelter Buchführung,
  • die Inanspruchnahme von Bankkrediten und die Anzahl der beteiligten Banken,
  • die Anzahl der Vertretungen und Kunden,
  • die Vielfalt der im Unternehmen erbrachten Leistungen,
  • die Teilnahme am Wechselverkehr.

Zu beachten ist allerdings, dass das Erfüllen eines dieser Kriterien in der maßgeblichen Größenordnung für sich alleine noch nicht die Notwendigkeit eines in kaufmännischer Art und Weise eingerichteten Geschäftsbetriebes begründet. Bei der vorzunehmenden Gesamtwürdigung müssen grundsätzlich mehrere dieser Kriterien erfüllt sein.

Die wesentlichen Kriterien im Einzelnen

Der jährliche Brutto-Provisionsumsatz, ab welchem ein kaufmännischer Betrieb angenommen werden kann, liegt bei mindestens 100.000 €, teilweise wird sogar von 120.000 € und mehr ausgegangen. Handelsvertretungen, deren Umsätze deutlich unter 100.000 € liegen, sind daher kleingewerbliche Betriebe. Auch werden in diesen Fällen die anderen Kriterien kaum erfüllt werden, so dass dieser Wert durchaus als Richtschnur verwendet werden kann. Die Tätigkeit eines geringfügig Beschäftigten im Betrieb eines Handelsvertreters reicht nicht aus, den für eine kaufmännische Größe anzunehmenden Personalaufwand zu erreichen. Auch die Beschäftigung einer weiteren Vollzeitkraft reicht noch nicht aus, um einen kaufmännischen Aufwand für Personalbewirtschaftung- und -organisation zu erfüllen. Ab einer Beschäftigtenzahl von drei und mehr Mitarbeitern ist ein solcher Aufwand anzunehmen. Insbesondere, wenn sich die Tätigkeit dieser Arbeitskräfte nicht in Schreib- und Büroarbeiten erschöpft, sondern auch die Abwicklung des Geschäftsbetriebes in Rede steht, spricht dies für eine kaufmännische Betriebsgröße. Für eine Kaufmannseigenschaft des Handelsvertreters spricht zudem die Betreuung einer großen Anzahl von Kunden. In einem Urteil liest man etwa als eine solche die Zahl 2.500, auch die Geschäftsverbindung zu mehreren Banken und die laufende Inanspruchnahme von Geschäftskrediten sprechen beim Handelsvertreter für die Kaufmannseigenschaft. Die Vielfalt der im Unternehmen erbrachten Leistungen wird ebenfalls als ein für die Kaufmannseigenschaft sprechendes Kriterium beim Handelsvertreter angeführt. Hier kommen etwa besondere Dienstleistungen, wie das komplette Beschwerdemanagement des vertretenen Unternehmens im Vertretungsgebiet, Reparatur- und Störungsdienst bei den Kunden oder auch eine zweite Vertriebsschiene, wie etwa Eigenhandel gegebenenfalls sogar mit einer eigenen Lagerhaltung in Frage. Sollte eine Eigenhandelstätigkeit vorliegen reichen in diesem Fall Umsätze zwischen 100.000 € und 150.000 € aus, um alleine aus dieser Tätigkeit das Umsatzkriterium für eine Kaufmannseigenschaft zu erfüllen.

Konsequenzen einer unterlassenen Eintragung

Ist ein Handelsvertreter nach diesen Kriterien Kaufmann, so gelten für ihn die besonderen handelsrechtlichen Vorschriften – und dies, ob er will oder nicht. Und nicht zuletzt ist er auch zur Eintragung in das Handelsregister verpflichtet. Unterlässt er trotz Aufforderung des Registergerichtes ein solche Eintragung, so kann ein Ordnungsgeld von bis zu 5.000 € verhängt werden. Über die Vor- und Nachteile einer Kaufmannseigenschaft ist ein CDH Merkblatt erhältlich mit dem Titel „Kaufmann kraft eigener Entscheidung“. Das Merkblatt steht unter dem nachstehenden Link als Download zur Verfügung https://cdh.de/services/infothek/merkblaetter/.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Die Frage der Kaufmannseigenschaft des Handelsvertreters hat keinen Einfluss auf die Geltung des ebenfalls im Handelsgesetzbuch enthaltenen Handelsvertreterrechts.
  • Für die Feststellung, ob eine Handelsvertretung nach Art und Umfang einen in kaufmännischer Art und Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, hat eine Gesamtwürdigung aller für einen kaufmännischen Geschäftsbetrieb sprechenden Kriterien zu erfolgen.

Ist ein Handelsvertreter nach den entwickelten Kriterien Kaufmann, so gelten für ihn die besonderen handelsrechtlichen Vorschriften, ob er will oder nicht.