Im deutschen Zivilrecht wird von dem Grundsatz der Formfreiheit ausgegangen. Das bedeutet, dass Verträge – mit einigen Ausnahmen wie etwa dem Grundstückvertrag – grundsätzlich formfrei gültig sind. Die meisten Verträge sind also bereits „per Handschlag“ wirksam.

Auch Handelsvertreterverträge können nach deutschem Recht schriftlich, mündlich oder sogar stillschweigend geschlossen werden. Jedoch kann nach § 85 HGB jede Partei verlangen, dass der Inhalt des Vertrages sowie spätere Vereinbarungen zu dem Vertrag in eine vom anderen Teil unterzeichnete Urkunde aufgenommen werden. Dieser Anspruch ist unabdingbar und einklagbar. Verlangt ein Handelsvertreter also einen schriftlichen Vertrag, kann sich sein Prinzipal dieser Forderung nicht einfach entziehen.

Die Formfreiheit des Handelsvertretervertrages sowie das Recht jeder Vertragspartei, eine Niederschrift über das Vereinbarte zu verlangen, gilt ebenfalls in fast allen EU-Mitgliedstaaten, Großbritannien, Norwegen, der Schweiz und der Türkei. In all diesen Ländern spricht das jeweilige Gesetz ausdrücklich von der Formfreiheit des Handelsvertretervertrages.

Beweisfunktion des Schriftlichkeitserfordernisses

Einige Mitgliedstaaten, so etwa Bulgarien, Luxemburg und Rumänien, sprechen in ihren Handelsvertretergesetzen zwar grundsätzlich von einem Schriftformerfordernis. Jedoch stellen diese zugleich klar, dass dem Schriftformerfordernis lediglich eine Beweisfunktion, nicht jedoch eine Wirksamkeitsfunktion beigemessen wird. Das bedeutet, dass der Handelsvertreter mangels eines schriftlichen Vertrages auf andere Weise die Existenz eines Handelsvertretervertrages beweisen kann, beispielsweise durch Schriftwechsel oder Zeugenaussagen. Das Fehlen eines schriftlichen Vertrages macht das Vertragsverhältnis jedoch nicht unwirksam.

Schriftlichkeitserfordernis als Wirksamkeitsvoraussetzung

Zu beachten ist allerdings, dass es EU-Staaten gibt, in denen strengere Vorschriften hinsichtlich der Form des Handelsvertretervertrages gelten.

Das Handelsvertreterrecht der Mitgliedstaaten Irland, Kroatien, Slowakei und Tschechien, setzt die Schriftform zwingend und ausdrücklich voraus, mit der Folge, dass ein Handelsvertretervertrag, der nicht schriftlich abgefasst ist, nicht wirksam ist. Handelsvertreter in diesen Ländern sollten also immer bedacht sein, einen schriftlichen Handelsvertretervertrag abzuschließen, um in den Anwendungsbereich des dortigen Handelsvertreterrechts zu fallen, aus dem sich unter anderem der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters ergibt.

Auswirkungen auf deutsche Handelsvertreter

Handelsvertreter mit Tätigkeitsgebiet und (Haupt-)Sitz in Deutschland müssen sich in der Regel weniger Sorgen machen, auch wenn diese mit Herstellern aus Irland, Kroatien, der Slowakei oder Tschechien auf nicht schriftlicher Grundlage zusammenarbeiten. Denn wurde kein schriftlicher Vertrag geschlossen, wird in den meisten Fällen auch keine gesonderte Vereinbarung über das auf das Vertragsverhältnis anwendbare Recht getroffen worden sein.

Haben die Parteien keine Rechtswahl getroffen, gilt für Handelsvertreterverträge Art. 4 Abs. 1 b) der Rom I-Verordnung. Hiernach unterliegt der Handelsvertretervertrag als Dienstleistungsvertrag dem Recht des Staates, in dem der Handelsvertreter nach Art. 19 Rom I-Verordnung seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat. Dies ist der Ort von wo aus er seine Vertriebstätigkeit ausübt, also der Ort der Hauptniederlassung. Bei einem deutschen Handelsvertreter wird dies regelmäßig Deutschland sein, mit der Folge, dass deutsches Recht auf den mündlich oder stillschweigend geschlossenen Vertrag anwendbar ist. Da das deutsche Handelsvertreterrecht keine bestimmte Form für den Handelsvertreter vorsieht, ist auch ein mündlich oder stillschweigend geschlossener Handelsvertretervertrag – auch mit Herstellern aus den oben genannten vier Ländern – wirksam.

Solche Fälle zeigen allerdings, dass das Handelsvertreterrecht in den einzelnen EU-Mitgliedstaaten trotz der europäischen Handelsvertreterrichtlinie, die das Handelsvertreterrecht EU-weit vereinheitlicht, jeweils wesentliche Unterschiede aufweisen kann.

Das wichtigste in Kürze

  • Nach deutschem sowie nach dem Recht der meisten EU-Mitgliedstaaten kann ein Handelsvertretervertrag schriftlich, mündlich oder stillschweigend geschlossen werden
  • Einige wenige EU-Staaten machen die Wirksamkeit eines Handelsvertretervertrages vom Schriftformerfordernis abhängig
  • Haben die Parteien keine Rechtswahl getroffen, ist das am Sitz des Handelsvertreters geltende Recht anwendbar, so auch die Vorschriften über die Formfreiheit oder den Formzwang des Handelsvertretervertrages

 

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