Oftmals bieten Unternehmen Handelsvertretern, die im gleichen Produktbereich erfolgreich sind, den Vertrieb ihrer Produkte an. Eine zusätzliche Einnahmequelle und der Reiz noch weitere Produkte im Vertretungssortiment zu haben, die durch den gleichzeitigen Vertrieb die Fixkosten nach unten treiben, lässt man sich nicht gerne entgehen. Also was soll schon dagegen sprechen, wenn nicht wie bisher die Produkte des schon seit Jahren vertretenen Unternehmens, sondern auch noch ein paar neue von anderen Herstellern beim nächsten Besuch den Kunden vorgelegt werden. Und was macht das schon, dass der neue Hersteller auch Sortimentsteile in seinem Portfolio hat, die der Handelsvertreter schon für seinen bisher vertretenen Unternehmer zu vertreiben hat. Zumal ja im Handelsvertretervertrag dazu überhaupt keine Regelung enthalten ist. So oder so ähnlich ereignet es sich immer wieder und damit ein Grund sich mit diesem Thema immer wieder einmal zu befassen.

Denn der betreffende Handelsvertreter wundert sich oftmals nicht wenig, wenn er daraufhin unvermittelt die fristlose Kündigung seines schon seit Jahren vertretenen Unternehmers erhält. Geregelt war nichts dazu im Handelsvertretervertrag. Doch das braucht es auch nicht. Denn es ist schon seit langem in der Rechtsprechung anerkannt, dass der Handelsvertreter während der Vertragszeit nicht berechtigt ist, ein Unternehmen zu vertreten, welches mit dem bereits vertretenen Unternehmen im Wettbewerb steht. Anders als im nachvertraglichen Bereich gilt dieses auch ohne ausdrückliche Vereinbarung, so dass es völlig gleichgültig ist, ob das Konkurrenzverbot in einem schriftlichen Handelsvertretervertrag vereinbart ist bzw. ob überhaupt ein schriftlicher Handelsvertretervertrag existiert oder nicht.

Interessenwahrnehmungspflicht

Denn auch ohne besondere Vereinbarung schuldet der Handelsvertreter gemäß § 86 Abs. 1 HGB als Teil der umfassenden vertraglichen Treuepflicht die uneingeschränkte Wahrnehmung der Interessen des Unternehmers. Danach hat der Handelsvertreter alles zu unterlassen, was den Interessen des Unternehmers schaden oder abträglich sein könnte, also auch alles zu unterlassen, was ihn in einen Interessenwiderstreit oder eine Konkurrenzsituation zu dem Unternehmer bringen und dessen Interessen dadurch beeinträchtigen kann. Dieses Konkurrenzverbot greift somit automatisch für die gesamte Zeit eines bestehenden Handelsvertreterverhältnisses ein.

Mitteilungspflicht des Handelsvertreters

Bei der Beurteilung, ob eine Konkurrenzsituation gegeben ist, legt die Rechtsprechung seit je her  einen strengen Maßstab an. Schon in Zweifelsfällen, sofern die Möglichkeit besteht, dass die anderweitige Vertriebstätigkeit die Interessen des Unternehmers beeinträchtigen könnte, hat der Handelsvertreter diesen hiervon zu unterrichten und in Zweifelsfällen dessen Entscheidung herbeizuführen. Als Ausschlag gebend hierfür wird weniger die Möglichkeit einer tatsächlichen Schädigung als vielmehr die Störung des Vertrauensverhältnisses zwischen Unternehmer und Handelsvertreter angesehen.

Bestimmung der Konkurrenzlage

Unterschiedliche Meinungen gibt es immer wieder dazu, ob der eine oder andere vom Handelsvertreter gleichzeitig für unterschiedliche Hersteller vertriebene Artikel nun wirklich eine pflichtwidrige Konkurrenzsituation darstellt. Entscheidend ist damit zunächst, wie diese Konkurrenzsituation zu bestimmen und welche Betrachtungsweise hierfür heranzuziehen ist. Räumlich umfasst das Wettbewerbsverbot zunächst mal das gesamte Absatzgebiet des Unternehmers, wobei dieser Gesichtspunkt weniger streitträchtig ist. In sachlicher Hinsicht besteht die Konkurrenzlage zwischen den vom Handelsvertreter nach dem Vertrag zu vertreibenden Produkten des Unternehmers und denjenigen seiner Konkurrenten, welche aus Sicht der als Kunden in Frage kommenden Abnehmer die Aufgaben und Zwecke der Produkte des Unternehmers ebenfalls erfüllen können.

Sicht des Kunden entscheidend

Hier zeigt sich nun, wie einzelfallbezogen und problematisch die Bestimmung dieser Wettbewerbssituation sein kann, zumal die Sichtweise des Kunden maßgeblich ist. Identität, Gleichartigkeit oder auch nur Vergleichbarkeit der Waren nach Preis oder Qualität sowie Überschneiden der Produktpalette sind nämlich nicht die erschöpfend aufgezählten Varianten einer Konkurrenztätigkeit. Entscheidend ist vielmehr, ob aus Sicht der Kunden eine Konkurrenz besteht, weil diese in diesem Fall bereit sein könnten, anstelle der Waren des Unternehmers auf diejenigen des Konkurrenten zurückzugreifen. Damit scheidet eine Konkurrenzlage in sachlicher Hinsicht jedenfalls hinsichtlich solcher Waren aus, bei denen die Gefahr einer Verdrängung des Geschäftsherrn des Handelsvertreters vom Markt nicht besteht, weil sie von der Funktion her ganz unterschiedlichen Anforderungen genügen müssen oder sich an verschiedenartige, nicht austauschbare Kundenkreise wenden.

Anderer Kundenkreis

Erwähnenswert  ist in diesem Zusammenhang eine bereits ältere Entscheidung des OLG München in der es um den gleichzeitigen Vertrieb des Handelsvertreters von Kühlschränken für Privathaushalte für den einen Hersteller und von Großkühlschränken für den Gastro-Bereich für einen anderen Hersteller ging. Die Richter stellten fest, dass trotz dem absolut gleichen Verwendungszweck von Kühlgeräten eine Konkurrenzsituation in einer solchen Konstellation ausgeschlossen sei. Es könne nämlich nur darauf ankommen, ob eine anderweitige Tätigkeit geeignet sei, den Absatz der vom vertretenen Unternehmer vertriebenen Produkte zu beeinträchtigen. Dies sei nicht der Fall, wenn mit einer anderweitigen Tätigkeit ein Kundenkreis angesprochen werde, den das vertretene Unternehmen nicht bediene. Dabei sei es ebenfalls unerheblich, ob der Handelsvertreter tatsächlich in einem Einzelfall einen Kunden des vertretenen Unternehmens mit einem Produkt einer anderen Firma bedient habe.

Überschneidung von Sortimentsteilen

Allerdings kann eine Konkurrenzlage hinsichtlich einzelner Sortimentsteile bereits genügen. Sie kann sogar vorliegen, wenn sich das Angebot der Unternehmer zwar nicht hinsichtlich der eigentlichen Haupterzeugnisse, aber in bezug auf Zubehörteile überschneidet. Denn es besteht in einem solchen Fall die Gefahr, dass der Kunde nach und nach seinen gesamten Bedarf bei einem Drittunternehmen deckt, von dem er bereits die vom Auftraggeber des Handelsvertreters nicht angebotenen Produkte bezieht. Letzten Endes kann dies dazu führen, dass der Kunde ganz zu dem Drittunternehmen abwandert. Alleine eine solche nicht auszuräumende Gefahr kann für die Annahme einer Konkurrenzlage bereits ausreichend sein.

 Umgehungstatbestände

Der Handelsvertreter kann das Konkurrenzverbot auch nicht dadurch unterlaufen, dass er die Konkurrenzvertretung nicht selbst ausübt, sondern von einem anderen, oftmals nahen Angehörigen, ausüben lässt. In diesen Fällen ist ihm die Tätigkeit des anderen zuzurechnen. Allerdings müssen Anhaltspunkte vorhanden sein, dass der Handelsvertreter die Tätigkeit des anderen unterstützt oder auf sie Einfluss nimmt.

Folgen des Konkurrenzverstoßes

Ein Verstoß des Handelsvertreters gegen das Konkurrenzverbot berechtigt den vertretenen Unternehmer in der Regel ohne vorherige Abmahnung außerordentlich zu kündigen. Begründet wird dies damit, dass bei einer nicht genehmigten Übernahme einer Konkurrenzvertretung ein schwerer Verstoß im Vertrauensbereich vorliegt, der durch eine Abmahnung nicht wieder gut gemacht werden könne und es dem vertretenen Unternehmen außerdem unzumutbar mache, den Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist bis zur Vertragsbeendigung abzuwarten. Schwerwiegende Begleiterscheinung einer solchen berechtigten fristlosen Kündigung durch den Unternehmer ist der Wegfall des Ausgleichsanspruches für den Handelsvertreter. Hinzukommend kann der Unternehmer gegen den Handelsvertreter einen Schadensersatzanspruch gem. § 89 a Abs. 2 HGB geltend machen in Höhe des ihm durch die Konkurrenztätigkeit entgangenen Gewinns.

 Schlussbemerkung

Vor diesem Hintergrund macht es durchaus Sinn bereits beim Abschluss des Handelsvertretervertrages eine Unbedenklichkeitsklausel für nur unwesentliche Produktüberschneidungen der vertretenen Unternehmen aufnehmen zu lassen. Das vertretene Unternehmen erklärt damit sozusagen vorab, dass eine geringfügige Produktüberschneidung der gleichzeitig vom Handelsvertreter vertretenen Hersteller nicht zu einer Vertrauensstörung führen kann.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Die Bestimmung einer Konkurrenzsituation zwischen vom Handelsvertreter gleichzeitig für verschiedene Unternehmer vertriebenen Produkten erfordert immer eine Entscheidung an den konkreten Umständen des Einzelfalles.
  • Die Sicht des Kunden ist entscheidend für die Bestimmung einer Konkurrenzsituation.
  • Der Handelsvertreter hat die Pflicht, selbst bei geringen Zweifeln, den Unternehmer von einer möglichen Konkurrenzsituation zu unterrichten.