Als Handelsvertreter ist es wichtig, seine Rechte zu kennen – vor allem am Ende der Zusammenarbeit mit dem vertretenen Unternehmen. Einer der zentralen Ansprüche ist der sogenannte Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB. Dieser sichert einen finanziellen Ausgleich dafür, dass der Handelsvertreter während der Vertragslaufzeit neue Kundenbeziehungen aufgebaut hat, von denen das vertretene Unternehmen auch nach Vertragsende weiter profitieren kann.

Der Ausgleichsanspruch ist somit kein „Bonus“ und auch kein Geschenk – er ist ein Ausgleich für den Beitrag des Handelsvertreters zum Unternehmenswachstum. Er hat fortlaufend Kunden akquiriert, aufgebaut und betreut. Bleiben diese Kunden nach Vertragsende beim Unternehmen, ist das wirtschaftlich gesehen der Verdienst des Handelsvertreters. Und genau dafür sieht das Gesetz diese spezielle Vergütung vor.

Daher ist der Ausgleichsanspruch auch zwingendes Recht – er kann somit nicht einfach durch vertragliche Klauseln ausgeschlossen werden. Das gilt dank der seit dem Jahre 1986 geltenden Handelsvertreterrichtlinie auch in ganz Europa und nicht nur in Deutschland.

Trotzdem versuchen viele Unternehmen, den Ausgleichsanspruch zu umgehen. In der täglichen Praxis werden immer wieder Versuche von Unternehmern offenbar, den Ausgleichsanspruch zu umgehen – durch besondere Vertragsgestaltungen oder auch durch versteckte Klauseln. Doch die deutschen Gerichte oder auch der Europäische Gerichtshof haben viele dieser Umgehungsstrategien in den vergangenen Jahrzehnten bereits für unzulässig erklärt.

Ein gewisses Verständnis für die Unternehmen ist dennoch nachvollziehbar. Denn für den möglicherweise erst in der Zukunft fällig werdenden Ausgleichsanspruch können keine steuerlich wirksamen Rückstellungen gebildet werden. Das heißt, wer seine Verpflichtungen bereits im laufenden Geschäftsjahr bilanzwirksam berücksichtigen möchte, hat dafür nur wenige rechtlich zulässige Möglichkeiten.

Trotzdem gibt es einige legale Wege, mit denen Unternehmen den Anspruch beeinflussen oder zumindest finanziell anders darstellen können. Diese Modelle sollten Handelsvertreter kennen – damit sie wissen, worauf sie sich in einem Handelsvertretervertrag mit derartigen Regelungen einlassen.

Altersversorgung statt Ausgleichsanspruch

Eine dieser Möglichkeiten ist die Zusicherung einer Altersversorgung. Es ist in Rechtsprechung und Fachliteratur mittlerweile unstreitig, dass der Kapitalwert einer solchen Altersversorgungszusage zum Zeitpunkt der Fälligkeit des Ausgleichsanspruchs mit diesem verrechnet werden darf. Nur wenn der Ausgleichsanspruch höher ist als der Wert der Altersversorgung, muss der Differenzbetrag zusätzlich gezahlt werden. Der übrige Teil gilt mit der Versorgungszusage als abgegolten. Ein zusätzlicher Vorteil für das Unternehmen ist, dass die laufenden Beiträge etwa für eine Lebensversicherung als Betriebsausgaben steuerlich geltend gemacht werden können.

Wichtig zu wissen für den Handelsvertreter ist allerdings, dass wenn er eine solche Altersversorgung erhält, kann das Unternehmen diesen Wert später auf den Ausgleichsanspruch anrechnen. Das heißt im Klartext, nur wenn der Ausgleichsanspruch höher ist als der Wert der Altersversorgung, bekommt der Handelsvertreter bei Vertragsende zusätzliches Geld. Ist er niedriger, gilt er als abgegolten.

Solche Vereinbarungen können sinnvoll sein – aber nur dann, wenn der Handelsvertreter auch wirklich davon profitieren kann. In derartigen Fällen ist in jedem Fall auf eine transparente Gestaltung der Altersvorsorgezusage zu achten.

Vorauserfüllung durch zusätzliche Provision

Eine weitere Option ist die sogenannte „Vorauserfüllung des späteren Ausgleichsanspruchs“ durch eine zusätzlich vereinbarte Provision. Dabei wird dem Handelsvertreter von vornherein eine erhöhte Provision gezahlt – als Ausgleich dafür, dass am Vertragsende kein zusätzlicher Ausgleichsanspruch geltend gemacht wird.

Wichtig dabei ist, dass es nicht ausreicht, einfach im Vertrag eine zusätzliche Provision zu vereinbaren und zu behaupten, dass diese als Ausgleichsersatz gedacht ist. Denn ansonsten wäre es für Unternehmen zu leicht, den gesetzlich geschützten Ausgleichsanspruch auszuhebeln.

Damit eine solche Vereinbarung rechtlich wirksam ist, müssen daher bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Der Bundesgerichtshof hat hierzu klare Anforderungen formuliert.

Es muss im Vertrag ausdrücklich geregelt sein, dass der Handelsvertreter eine zusätzliche Vergütung gerade dafür erhält, neue Kundenbeziehungen aufzubauen.

Ebenso muss im Vertrag vereinbart sein, dass diese Sondervergütung zur Abgeltung eines späteren Ausgleichsanspruchs gezahlt wird.

Hinzukommend muss sich der Handelsvertreter verpflichten, diese Sondervergütung zurückzuzahlen, wenn später kein Ausgleichsanspruch entsteht.

Außerdem muss der Unternehmer nachweisen – die Beweislast dafür liegt beim Unternehmer, dass ohne diese Vereinbarung keine höhere Provision vereinbart worden wäre – das heißt, es muss tatsächlich eine zusätzliche Vergütung vorliegen, die über den marktüblichen Provisionssatz hinausgeht.

Der Unternehmer muss somit belegen können, dass die Gesamtvergütung deutlich über dem Üblichen liegt – und dass keine anderen Umstände vorliegen, die diesen höheren Provisionssatz unabhängig davon erklären würden. Die Gesamtvergütung muss damit deutlich über dem Branchendurchschnitt liegen, damit überhaupt plausibel sein kann, dass es sich um eine echte Vorauserfüllung handelt.

Diese Anforderungen zeigen, dass  der rechtliche Spielraum für solche Vereinbarungen sehr eng ist. Wer sich dennoch für ein solches Modell entscheidet, sollte sich dieser engen rechtlichen Grenzen bewusst sein.

Außerdem ist wichtig, dass selbst wenn die Voraussetzungen erfüllt sind, darf der gezahlte Betrag nur mit dem tatsächlichen Ausgleichsanspruch verrechnet werden. Sollte der Handelsvertreter der Auffassung sein, dass der Ausgleichsanspruch höher ist als die erhaltene Sondervergütung, kann er den Differenzbetrag trotzdem geltend machen.

Was bedeutet das für den Handelsvertreter?

Enthält der Entwurf eines Handelsvertretervertrages Vertragsklauseln, die „besondere Vergütungen“, „Sonderprovisionen“ oder „Versorgungszusagen“ enthalten, ist besondere Aufmerksamkeit geboten. Derartige Regelungen sollte sich der Handelsvertreter immer genau erklären lassen – und sich zudem schriftlich bestätigen lassen, wofür diese Zahlungen gedacht sind.

Um nicht leichtfertig auf den gesetzlich vorgeschriebenen Ausgleichsanspruch zu verzichten – auch wenn das Unternehmen eine großzügige Sonderzahlung anbietet – sind derartige Vertragsgestaltungen immer genauestens vor dem Abschluss des Handelsvertretervertrages zu überprüfen. CDH Mitglieder können sich hierfür der rechtlichen Expertise der Beratung in ihrem CDH Landesverband sicher sein. Konkrete Vertragsformulierungen werden dort bewertet und / oder es erfolgt eine fundierte Vorbereitung auf die anstehenden Vertragsverhandlungen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Der Ausgleichsanspruch ist zwingendes Recht und kann somit nicht einfach durch vertragliche Klauseln ausgeschlossen werden.
  • Es gibt dennoch einige legale Wege, mit denen Unternehmen den Anspruch beeinflussen oder zumindest finanziell anders darstellen können.
  • Dies sind zum einen die Zusicherung einer Altersversorgung und zum anderen die sogenannte „Vorauserfüllung des späteren Ausgleichsanspruchs“.
  • Enthält der Entwurf eines Handelsvertretervertrages Vertragsklauseln, die „besondere Vergütungen“, „Sonderprovisionen“ oder „Versorgungszusagen“ enthalten, ist besondere Aufmerksamkeit geboten.