Immer wieder kommt es vor, dass der Unternehmer um etwa eine Änderung des Provisionssatzes, des Kundenkreises oder auch der Bezirksgrenzen gegenüber dem Handelsvertreter durchzusetzen, die betreffenden Regelungen eines bestehenden Handelsvertretervertrages isoliert kündigt.
Ein derartiges Verhalten stellt jedoch einen einseitigen Eingriff in den Inhalt des fortbestehenden Vertragsverhältnisses dar und ist daher mit dem Grundsatz der Vertragsautonomie grundsätzlich nicht vereinbar. Denn immerhin stellt der Inhalt des ehemals im gegenseitigen Einvernehmen abgeschlossenen Vertrages, die Grundlage des gemeinsamen Handelns dar, dessen Rechte und Pflichten, der Maßstab für den damaligen Entschluss beider Vertragsparteien war, das Vertragsverhältnis einzugehen. Die Rechtsprechung stellt aus diesem Grunde für die Feststellung der Unzulässigkeit einer Teilkündigung darauf ab, ob durch die Teilkündigung ein einheitliches Vertragsverhältnis inhaltlich verändert wird. Wird mit einer Teilkündigung der Kundenkreis, der Vertretungsbezirk oder auch die Provisionsvereinbarung einseitig abgeändert, wird eine unzulässige inhaltliche Veränderung eines einheitlichen Vertragsverhältnisses von der Rechtsprechung angenommen. Eine Teilkündigung der oben genannten Punkte ist damit grundsätzlich unzulässig.
Ein Teil eines Handelsvertretervertrages kann allerdings dann isoliert gekündigt werden, wenn dieser Teil eine eigenständige vertragliche Beziehung enthält und deshalb nicht ein einheitliches Vertragsverhältnis verändert wird. Die Rechtsprechung hat mit dieser Begründung die Kündigung eines Zusatzvertrages zum Handelsvertretervertrag als zulässig angesehen, mit dem der Handelsvertreter gleichzeitig auch als Bezirksleiter mit anderer Aufgabenstellung für das vertretene Unternehmen tätig war. Überwiegend richtet sich der einseitige Änderungswunsch des vertretenen Unternehmens jedoch gerade nicht auf derartige eigenständige Zusatzvereinbarungen, sondern gerade auf die Bestimmungen, die nach den oben aufgezeigten Grundsätzen ein einheitliches Vertragsverhältnis ausmachen.
Einseitige Änderungsbefugnis
Verwunderlich ist daher nicht, dass sich die Unternehmerseite häufig in den betreffenden vertraglichen Regelungen das Recht einräumt, vertraglich vereinbarte Leistungen einseitig zu ändern. Zu denken ist hier etwa an ein Änderungsrecht hinsichtlich der Bezirksgrenzen, des Kundenkreises oder auch der Provisionshöhe. Die Rechtsprechung stellt an die Wirksamkeit derartiger Klauseln allerdings sehr hohe Anforderungen. Diese sind nämlich nur dann wirksam, wenn sie schwerwiegende Änderungsgründe nennen und in ihren Voraussetzungen und Folgen erkennbar die Interessen des Vertragspartners angemessen berücksichtigen.
Die geforderte angemessene Berücksichtigung der Interessen des anderen Vertragspartners setzt regelmäßig voraus, dass sowohl eine ausreichende Ankündigungsfrist als auch ein Ausgleich für den Verlust des Leistungsrechtes vorgesehen wird. Werden diese Gesichtspunkte bei einer vertraglichen Regelung zur Änderungsbefugnis des Unternehmers nicht berücksichtigt, ist die betreffende Vertragsklausel unwirksam.
Teilkündigungsklausel
In die gleiche Richtung zielen sogenannte Teilkündigungsklauseln. Unter Teilkündigung versteht man die einseitige Aufhebung oder Änderung von Vertragsbedingungen gegen den Willen des Vertragspartners unter Aufrechterhaltung der übrigen Vertragsbestimmungen. Auch bei der Überprüfung derartiger Klauseln wird von der Rechtsprechung immer wieder betont, dass diese nur dann wirksam sein können, wenn sie schwerwiegende Gründe für die Änderung nennen und die Interessen des Vertriebspartners erkennbar in angemessener Form berücksichtigten, insbesondere ihm einen angemessenen Ausgleich einräumen.
Selbst wenn die Rechtsbeziehungen der Parteien durch mehrere äußerlich getrennte, inhaltlich aber zusammengehörige, aufeinander bezogene und sich ergänzende Verträge gestaltet sind, hilft eine Teilkündigung nicht, da die Rechtsprechung auf das Gesamtbild der Vertragsbeziehungen mit dem sie prägenden Teilbereichen abstellt. Hieraus wird deutlich, dass es aus Sicht des Unternehmers auch keine Lösung darstellt, die änderungsrelevanten Bestimmungen künstlich in einem separaten Vertrag neben dem eigentlichen Vertriebsvertrag zu regeln.
Änderungskündigung
Damit bleibt dem Unternehmer bei nicht möglicher Einigung der Vertragsparteien nur der Weg den gesamten Vertrag zu kündigen verbunden mit einem modifizierten neuen Vertragsangebot. Diese sogenannte Änderungskündigung ist damit rechtlich der einzige Weg, die Bestimmungen einseitig zu ändern, die das Gesamtbild der Vertragsbeziehungen ausmachen. Allerdings muss für die Inkraftsetzung der geänderten Vertragsbedingungen der Vertragspartner dem mit der Änderungskündigung angebotenen neuen Vertrag auch erst einmal zustimmen. Darüber hinaus bewirkt die Änderungskündigung auch, dass der bislang bestehende Vertrag insgesamt beendet wird und damit grundsätzlich auch ein Ausgleichsanspruch nach § 89 b HGB bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen entsteht. Gerade davor scheut sich jedoch der Unternehmer, denn über die oben aufgezeigten Wege einer einseitigen Änderungsbefugnis oder einer Teilkündigung bleibt der Vertrag im Übrigen bestehen und wird damit nicht beendet.
Abschließend bleibt festzustellen, dass sowohl die Unternehmerseite als auch der Handelsvertreter gut beraten sind, sich über Änderungen hinsichtlich der wesentlichen Vertragsbestimmungen im Vorhinein einig zu werden. Dies schließt mit Sicherheit ein, dass sich der Unternehmer bei einschränkenden Vertragsänderungen zuvor überlegt, wie ein angemessener Ausgleich für eine solche Vertragsänderung aussehen kann. Hier kann durchaus auch einmal über eine Provisionssatzerhöhung für die verbleibenden Kunden nachgedacht werden, wenn der Unternehmer in Zukunft bestimmte Kunden direkt bedienen will. Ansonsten können Streitigkeiten über die veränderten Verhältnisse dazu führen, dass die weitere Zusammenarbeit zwischen vertretenem Unternehmen und Handelsvertreter unnötig belastet und schließlich das Vertragsverhältnis von der einen oder anderen Vertragspartei beendet wird, was oftmals nicht dem eigentlichen Willen der Vertragsparteien entspricht.
Das Wichtigste in Kürze:
- Eine Teilkündigung ist unzulässig, wenn durch sie ein einheitliches Vertragsverhältnis inhaltlich verändert wird.
- Teilkündigungsklauseln sind nur dann wirksam, wenn sie schwerwiegende Gründe für die Änderung nennen und die Interessen des Vertriebspartners erkennbar in angemessener Form berücksichtigen.
- Eine Änderungskündigung ist rechtlich der einzige Weg, Bestimmungen einseitig zu ändern, die das Gesamtbild der Vertragsbeziehungen ausmachen.
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