1. Ein Einverständnis mit den Provisionsabrechnungen und damit das Anerkenntnis, keine weiteren Ansprüche zu haben, kann nicht aus einem untätigen Verhalten des Handelsvertreters gefolgert werden. Für eine Einigung über die Abrechnung zwischen Unternehmer und Handelsvertreter bedarf es vielmehr einer eindeutigen Willenserklärung des Handelsvertreters. Der Anspruch des Handelsvertreters auf Erteilung eines Buchauszugs nach § 87c Absatz 2 HGB ist auch nicht dadurch erfüllt, dass der Unternehmer Nachfragen des Handelsvertreters zur Provisionsabrechnung beantwortet.
  2. Aus dem Umstand, dass der Handelsvertreter zu einzelnen Provisionsabrechnungen oder Bestandteilen der Provisionsabrechnung keine Nachfragen gestellt oder diese nicht beanstandet hat, lässt sich nicht ableiten, dass er die Provisionsabrechnung als richtig und vollständig anerkennt bzw. genehmigt und mithin auf seine Kontrollrechte verzichtet hätte.

OLG Naumburg, Urteil vom 20.11.2024 – 5 U 66/24(Hs)

 

Ein Einverständnis mit den Provisionsabrechnungen und damit das Anerkenntnis, keine weiteren Ansprüche zu haben, kann nicht allein aus einem untätigen Verhalten des Handelsvertreters gefolgert werden. Für eine Einigung über die Abrechnung zwischen Unternehmer und Handelsvertreter bedarf es vielmehr einer eindeutigen Willenserklärung des Handelsvertreters. Der Anspruch des Handelsvertreters auf Erteilung eines Buchauszugs nach § 87c Absatz 2 HGB wird auch nicht dadurch erfüllt, dass der Unternehmer Nachfragen des Handelsvertreters zur Provisionsabrechnung beantwortet.

Gemäß § 87c Absatz 2 HGB kann der Handelsvertreter bei der Abrechnung einen Buchauszug über alle Geschäfte verlangen, für die ihm nach § 87 HGB Provision gebührt. Der Anspruch auf Erteilung des Buchauszugs erlischt gemäß § 362 Absatz 1 BGB durch Erfüllung, wenn der Unternehmer dem Handelsvertreter eine vollständige und detaillierte Aufstellung der provisionspflichtigen Geschäfte bereitstellt. Periodische Provisionsabrechnungen können dabei als Buchauszug im Sinne des § 87c Absatz 2 HGB gewertet werden, sofern sie alle erforderlichen Angaben enthalten. Die Beweislast dafür, dass der Anspruch auf Erstellung eines Buchauszugs erfüllt ist, trägt nach allgemeinen Regeln der Unternehmer.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann ein Handelsvertreter den Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs aus § 87c Absatz 2 HGB allerdings dann nicht mehr geltend machen, wenn er sich mit dem Unternehmer ausdrücklich über die Provisionsabrechnung geeinigt hat. Ein solches Einverständnis kann jedoch nicht aus einem untätigen Verhalten des Handelsvertreters gefolgert werden. Vielmehr ist eine eindeutige Willenserklärung erforderlich. An die Annahme eines stillschweigenden Verzichts sind strenge Anforderungen zu stellen. Ein rein widerspruchsloses Hinnahmeverhalten über mehrere Jahre hinweg stellt weder ein stillschweigendes Einverständnis mit den Abrechnungen noch einen Verzicht auf weitere Provisionsansprüche für nicht berücksichtigte Geschäfte dar.

Der Handelsvertreter handelt auch nicht rechtsmissbräuchlich, indem er sein Kontrollrecht geltend macht. Der Buchauszug dient der Überprüfung der Provisionsabrechnungen, insbesondere wenn Zweifel an deren Richtigkeit bestehen. Dass der Handelsvertreter vorliegend den Buchauszug erst nach umfangreicher Korrespondenz eingefordert und eingeklagt hat, führe nicht zum Verlust ihres Anspruchs. Vielmehr bleibe sein Recht auf Überprüfung der Provisionsabrechnungen gewahrt, da noch offene Provisionsansprüche im Raum stehen.

Der Handelsvertreter habe im entschiedenen Sachverhalt – so die Richter des OLG Naumburg – durch die vorgelegten E-Mails mit dem vertretenen Unternehmen hinreichend dargelegt, dass er Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Provisionsabrechnungen gehabt habe. Daher stehe ihm der Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs weiterhin zu und dieser sei auch nicht durch ein bloßes Unterlassen von Einwänden verwirkt.

 

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