Handelsvertreter haben nach § 86 Absatz 1 HGB jeden Wettbewerb zu unterlassen, der geeignet ist, die Interessen des vertretenen Unternehmens zu beeinträchtigen. Verstoßen sie dagegen, machen sie sich schadensersatzpflichtig. Zur Vorbereitung der Geltendmachung eines solchen Schadensersatzanspruches hat der Unternehmer nach Treu und Glauben einen Anspruch auf Auskunft, wenn der begründete Verdacht einer Vertragspflichtverletzung besteht und ein Schaden wahrscheinlich ist.

 LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 01.12.2022 – 21 Sa 390/22

Die Richter des Landesarbeitsgerichtes Berlin Brandburg wiesen in ihrer sehr ausführlichen Entscheidung darauf hin, dass der Unternehmer die Namen der Kunden, die aus der Betreuung ausgeschieden seien, sowie die Art der betroffenen Verträge in das gerichtliche Verfahren einführen und das Gericht diese Angaben auch verwerten dürfe, um diesen Verdacht zu belegen. Dem stehe auch nicht das Recht der Kunden auf informationelle Selbstbestimmung oder das Datenschutzrecht entgegen. Der Anspruch auf Auskunft umfasse alle Angaben, die für eine Bezifferung des Schadens, zumindest aber für dessen Schätzung nach § 287 ZPO notwendig seien. Soweit dies auch Angaben über Kunden des Handelsvertreters erfordere, die zuvor von dem Unternehmer betreut worden seien, stehe dem deren Recht auf informationelle Selbstbestimmung oder das Datenschutzrecht ebenfalls nicht entgegen.

Darüber hinaus hätten Handelsvertreter – unabhängig von einer Vertragspflichtverletzung – dem Unternehmer im Rahmen ihrer Berichtspflicht nach § 86 Absatz 2 HGB und § 666 BGB Auskunft über alles zu geben, was für die Geschäftstätigkeit erforderlich sei. Das umfasse alle Auskünfte zu den Umständen, die für weitere Abschlüsse von Bedeutung seien, einschließlich der allgemeinen Marktlage. Die Pflicht bestehe auch nach Beendigung des Vertragsverhältnisses fort, soweit es um Umstände gehe, die während der Vertragslaufzeit entstanden seien. Sie finde allerdings ihre Grenze dort, wo die Auskunft für den Unternehmer keine Bedeutung habe, oder für den Handelsvertreter unzumutbar sei.

Handelsvertreter seien aufgrund ihrer Berichtspflicht nicht gehalten, Auskünfte zu erteilen, die der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen gegenüber Dritten dienten. Dies gelte zumindest dann, wenn das Vertragsverhältnis beendet sei und der Handelsvertreter durch die Auskunft seine berufliche Entwicklung gefährden würde. Unter diesen Umständen folge ein Auskunftsanspruch auch nicht aus Treu und Glauben unter dem Gesichtspunkt einer nachvertraglichen Rücksichtnahmepflicht. Mache der Unternehmer gegenüber einem Handelsvertreter einen Auskunftsanspruch zur Vorbereitung von Schadensersatzansprüchen wegen Verletzung des Konkurrenzverbotes geltend, umfasse der Streitgegenstand auch die aus dem Vertragsverhältnis folgenden Berichtspflichten.

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