Die nach § 87 c Abs. 1 HGB geschuldete Provisionsabrechnung enthält die Mitteilung des Unternehmers, in welcher Höhe einem Handelsvertreter nach der Auffassung seines Prinzipals ein Provisionsanspruch zusteht und wie er sich zusammensetzt und errechnet. Daraus ergibt sich, dass im Rahmen dieses Anspruchs nicht zu klären ist, ob der Unternehmer in diese Abrechnungen einen einheitlichen Provisionssatz von 15 % einzustellen hat oder – wie der Unternehmer im betreffenden Sachverhalt meinte – bei Bestandskunden nur einen solchen von 7,5 %. Vielmehr genügt der Unternehmer seiner Abrechnungspflicht, wenn er von demjenigen Provisionssatz ausgeht, den er für zutreffend erachtet. Gäbe es eine Verpflichtung des Unternehmers zur Abrechnung auf der Basis anderer Provisionssätze, bedeutete dies, dass er sich zu Provisionen verpflichten müsste, die er nicht zuschulden meint, denn eine Abrechnung ist nach ständiger Rechtsprechung als (abstraktes) Schuldanerkenntnis zu werten. Im Rahmen des Abrechnungsanspruchs könne dem Unternehmer aus den vorgenannten Gründen auch nicht ein bestimmter Kreis von Geschäften vorgeschrieben werden, auf den sich die Abrechnungen zu erstrecken habe. Andererseits ergibt sich keine Einschränkung dahingehend, dass ein Abrechnungsanspruch nur bezüglich solcher Geschäfte gegeben ist, die auch ausgeführt worden sind, bezüglich derer der Kunde beispielsweise einer Vorleistungspflicht genügt hat oder die aus vom Unternehmer zu vertretenden Gründen ganz oder teilweise nicht so ausgeführt worden sind, wie sie abgeschlossen wurden. Denn es ist Sache des Unternehmers, sich selbst darüber klar zu werden, welche Provisionsansprüche des Handelsvertreters ihm gegenüber bestehen, über die er abzurechnen hat. Soweit der Unternehmer solche Ansprüche erkennt, muss die darüber zu fertigende Abrechnung allerdings dem Handelsvertreter ermöglichen, die (einzelnen) provisionspflichtigen Geschäfte zu identifizieren und die Berechnung der Provision zu überprüfen, so dass anzugeben ist, welche Geschäfte mit welchen Kunden im (jeweiligen) Abrechnungszeitraum durchgeführt worden sind, welches der Provisionswert (Warenpreis) ist und welchen Provisionsbetrag der Handelsvertreter zu fordern hat; von den aufsummierten Beträgen sind Vorschüsse und inzwischen, etwa nach § 87 a Abs. 2 HGB, entfallene Provisionsansprüche abzusetzen.

OLG Hamm, Urteil vom 13. Dezember 2021 – 18 U 31/21

Dem Kläger steht der von ihm geltend gemachte Abrechnungsanspruch gem. § 87 Abs. 1 HGB bzw. gem. § 7 (5) des Handelsvertretervertrags nur teilweise und mit eingeschränktem Inhalt zu. Der Kläger kann aus den obigen Gründen keine Abrechnung „auf der Grundlage eines einheitlichen Provisionssatzes von 15 %“ verlangen.
Für den Zeitraum von Juli 2017 bis einschließlich Oktober 2019 schuldet die Beklagte die Erstellung (kalender-)monatlicher Abrechnungen, zu denen sie sich nach § 7 (5) des Handelsvertretervertrags verpflichtet hat. Bezüglich des Monats November 2019 hat die Beklagte jedenfalls im Rahmen ihrer Berufungserwiderung erklärt, es seien keine Provisionsansprüche entstanden. Denn ihren Ausführungen ist zu entnehmen, dass der Kläger über die bereits erfolgten Abrechnungen hinaus nichts verlangen könne. Mit der Erklärung des Unternehmers gegenüber dem Handelsvertreter, ihm keine Provision zu schulden, genügt er seiner Abrechnungspflicht.
Die Geltendmachung der Abrechnungsansprüche durch den Kläger ist, soweit sie nicht erfüllt sind, auch nicht treuwidrig (§ 242 BGB). Das wäre allenfalls dann zu erwägen, wenn der Kläger entweder sämtliche Informationen, die er im Wege der Abrechnungen verlangen kann, bereits durch die ihm unstreitig zugegangenen Auflistungen der Beklagten erhalten hätte oder wenn er sie jedenfalls im Zusammenhang mit dem gesondert verfolgten Buchauszugsanspruch erhielte. Beides ist nicht anzunehmen.
Dem Kläger steht ferner ein Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs aus § 87c Abs. 2 HGB, wiederholt in § 7 (7) 1 des Handelsvertretervertrags, gegen die Beklagte zu, und zwar bis auf eine Randkorrektur im beantragten und zugesprochenen Umfang. Der Anspruch auf Buchauszug besteht auch im Hinblick auf solche Geschäfte, bezüglich derer zweifelhaft ist, ob dem Handelsvertreter dafür Provisionsansprüche zustehen, jedoch insoweit nicht, als es sich um zweifelsfrei nicht provisionspflichtige Geschäfte handelt.
Ob der Kläger Provision für sämtliche Geschäfte zwischen der Beklagten (bzw. ihrem Rechtsvorgänger) und Einzelhandelskunden mit Sitz in Deutschland, Österreich oder der Schweiz hat, ist allerdings fraglich. Solche Ansprüche können sich aus der Regelung in § 2 (1) des Handelsvertretervertrags ergeben, wonach dem Kläger die „exklusive Alleinvertretung“ in den genannten Staaten übertragen worden ist, und zwar in Verbindung mit der gesetzlichen Provisionsregelung in § 87 Abs. 2 HGB.
Andererseits ist der Kreis der provisionspflichtigen Geschäfte in § 6 (1) des Handelsvertretervertrags näher umschrieben. Die – alleinige – Maßgeblichkeit der Regelungen in § 6 (1) des Handelsvertretervertrags für die Frage, für welche Geschäfte der Kläger Provision verlangen kann, setzt voraus, dass sie ihrerseits wirksam sind und sich gegenüber § 87 Abs. 2 HGB durchsetzen. Einer näheren Betrachtung bedürfen insoweit § 6 (1) S. 1 und S. 3.
Was die Regelung des § 6 (1) S. 1 des Handelsvertretervertrags („Dem Handelsvertretervertrag steht ein Provisionsanspruch für die von ihm vermittelten und abgeschlossenen Geschäfte zu.“) angeht, so bestehen keine Anhaltspunkte für eine Unwirksamkeit. Das könnte allerdings dann der Fall sein, wenn darin ein „Provisionsausschluss bei bloßer Mitverursachung“ vorgenommen würde. Doch ist die genannte Formulierung nicht dahin zu verstehen, dass der Kläger eine Provision nur in dem Fall verdient, dass er selbst auch den Abschluss des betreffenden Geschäfts vollzieht. Vielmehr ist die Formulierung „und abgeschlossenen Geschäfte“ nur als Wiederholung der in § 87 Abs. 1 HGB genannten Voraussetzung für die Entstehung eines Provisionsanspruchs anzusehen, dass es überhaupt zu einem Geschäftsabschluss kommt. Das ergibt sich aufgrund einer Auslegung des Handelsvertretervertrags, bei dem es sich in § 6 um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt. Sie sind nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden. Bereits aus § 5 (3) des Handelsvertretervertrags, wonach das Unternehmen u.a. die Verpflichtung trifft, dem Vertreter „die Annahme oder Ablehnung eines vermittelten Geschäfts“ mitzuteilen, folgt nämlich, dass der Provisionsanspruch auch dann besteht, wenn der Geschäftsabschluss selbst vom Unternehmer vollzogen wird.
Doch ist unklar, ob die Regelung in § 6 (1) S. 3 („Ein Provisionsanspruch des Handelsvertreters für Direktgeschäfte des Unternehmens aus § 87 Abs. 2 HGB besteht nicht.“), mit der § 87 Abs. 2 HGB abbedungen wird, Bestand hat, wenn sie in Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Unternehmers vorgenommen wird. Dass es sich im vorliegenden Fall um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, ist anzunehmen, weil die Erklärungen der Beklagten zur Genese der betreffenden Formulierung nicht ausreichen, um von einer Individualvereinbarung bzw. einem Aushandeln des § 6 (1) S. 3 ausgehen zu können.
Ist mithin unklar, ob sich die Provisionsansprüche des Klägers auf diejenigen Geschäfte beschränken, die er entweder selbst vermittelt hatte oder die zwar ohne seine Mitwirkung, aber mit solchen Kunden zustande gekommen sind, die er selbst bereits zuvor „für Geschäfte derselben Art“ geworben hatte, kommt eine entsprechende Einschränkung des Buchauszugs nicht in Betracht.
Inhaltlich kann der Kläger hingegen nicht die unter lit. jj) bezeichnete Angabe (“ ob der Kunde durch … D oder einen anderen Mitarbeiter oder Vertriebsmittler der Beklagten geworben wurde oder sich ohne aktives Zutun der Beklagten an diese gewandt hat“) verlangen.
Es kann dahinstehen, ob sich derartige Angaben zur Anbahnung eines bestimmten Geschäfts überhaupt den Büchern der Beklagten entnehmen lassen. Jedenfalls ist der Kläger zur Überprüfung seiner Provisionsansprüche darauf nicht angewiesen. Zum einen kennt er die von ihm selbst akquirierten Kunden weiß mithin auch, in welchen Fällen es sich um andere Kunden handelt. Zum anderen ist nicht ersichtlich, aus welchen Gründen die Information darüber, ob eine Geschäftsbeziehung auf der Initiative eines Kunden der Beklagten oder auf deren eigener Akquisetätigkeit beruht, für einen etwaigen Provisionsanspruch des Klägers von Bedeutung ist.
Der Kläger hat Anspruch auf einen Buchauszug für den verlangten Zeitraum. Der Buchauszugsanspruch ist mit der Erklärung der Beklagten, dem Kläger keine weiteren Provisionen zu schulden, nicht erfüllt.
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Das Urteil ist für eine Veröffentlichung in der Rechtsprechungssammlung HVR-Online vorgesehen, die unter http://www.cdh-wdgmbh.de bestellt werden kann