Das Oberlandesgericht Karlsruhe in drei Fällen den Klagen von Käufern neuer Dieselfahrzeuge, die mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung versehen waren, stattgegeben. Die beklagten Autohäuser wurden zur Lieferung eines fabrikneuen, typengleichen Ersatzfahrzeuges aus der aktuellen Serienproduktion gegen Rückgabe des gekauften Fahrzeuges verurteilt.
Die Kläger forderten in allen zugrunde liegenden Verfahren von den beklagten Autohäusern jeweils die Lieferung eines fabrikneuen Fahrzeuges der aktuellen Serienproduktion Zug um Zug gegen Rückgabe des mit einem Dieselmotor der Volkswagen AG aus der Motorbaureihe EA 189 ausgestatteten Fahrzeuges. Die Kläger hatten in den Jahren 2009, 2011 und 2013 Neufahrzeuge der Marken VW (Modelle Touran und Sharan) sowie Audi (Modell A 3) von den jeweiligen Autohäusern erworben und seither genutzt. Sie hatten im Januar bzw. August 2016 gegen Rückgabe ihrer Fahrzeuge die Nachlieferung eines Neufahrzeugs der aktuellen Serienproduktion verlangt.
Autohäuser halten Nachlieferung eines Neufahrzeuges für unverhältnismäßig
Die Autohäuser beriefen sich darauf, dass die Nachlieferung eines Ersatzfahrzeuges unmöglich sei, weil das verkaufte Fahrzeug nicht mehr in der gleichen Art hergestellt werde. Die Nachlieferung eines Neufahrzeuges sei im Übrigen unverhältnismäßig, da in der Zwischenzeit ein Software-Update zur Verfügung stehe, nach dessen Aufspielen die von den Käufern geltend gemachten Beanstandungen beseitigt seien.
OLG bejaht Anspruch auf Lieferung eines fabrikneuen, typengleichen Ersatzfahrzeuges
Das Oberlandesgericht Karlsruhe entschied, dass den Klägern ein Anspruch auf Lieferung eines fabrikneuen, typengleichen Ersatzfahrzeuges aus der aktuellen Serienproduktion des Herstellers gegen Rückgabe des gekauften Fahrzeuges zusteht. Die Fahrzeuge waren bei Übergabe an die Käufer und im Zeitpunkt des Nacherfüllungsverlangens – wie bereits vom Bundesgerichtshof im Hinweisbeschluss (- VIII ZR 225/17-) vom 8. Januar 2019, im Einzelnen ausgeführt – mit einem Sachmangel behaftet, da die Motorsteuerung der Fahrzeuge eine unzulässige Abschalteinrichtung aufwies.
OLG beruft sich auf Hinweisbeschluss des BGH
Der Bundesgerichtshof vertrat in diesem Hinweisbeschluss die Ansicht, dass der nach § 439 Abs. 1 Alt. 2 BGB vorgesehene Anspruch eines Käufers einer mangelhaften Sache auf Beschaffung einer gleichwertigen Sache auch die Nachlieferung eines fabrikneuen, typengleichen Ersatzfahrzeuges aus der aktuellen Serienproduktion umfassen kann, sofern das bei Vertragsschluss maßgebliche Modell nicht mehr produziert wird. Das Oberlandesgericht Karlsruhe schloss sich dieser Auffassung an und entschied, dass der zwischen den Parteien abgeschlossene Kaufvertrag in allen drei Fällen so auszulegen sei, dass das jeweils gekaufte Fahrzeug durch das aktuell produzierte Nachfolgemodell austauschbar ist. Das jeweilige Modell sei zwar verändert, aber durch ein vergleichbares Modell ersetzt worden. Die Ersatzlieferung eines Neufahrzeuges sei in den entschiedenen Fällen auch nicht „nur mit unverhältnismäßigen Kosten“ möglich. Die Autohäuser könnten die Kläger nicht auf die Beseitigung des Mangels durch das Aufspielen eines zwischenzeitlich entwickelten Software-Updates verweisen.
Von den Käufern beanspruchte Ersatzlieferungen würden keine unverhältnismäßigen Kosten verursachen
Maßgeblich für die Beurteilung der Unverhältnismäßigkeit der Ersatzlieferung sei nach Ansicht des Oberlandesgerichts der Zeitpunkt des Nacherfüllungsverlangens bzw. des Ablaufs der gesetzten Nacherfüllungsfrist. Zu diesem Zeitpunkt sei den beklagten Autohäusern eine Nachbesserung durch Software-Update noch nicht möglich gewesen, da das Software-Update den Autohäusern noch nicht zur Verfügung stand. Unabhängig davon ergebe eine umfassende Interessenabwägung und Würdigung aller maßgebenden Umstände der entschiedenen Einzelfälle, dass in diesen Fällen die von den Käufern beanspruchte Ersatzlieferung keine unverhältnismäßigen Kosten verursachen würden.
Die Käufer sind für die mit dem mangelhaften Fahrzeug zurückgelegten Kilometer nicht zur Zahlung von Nutzungsersatz verpflichtet.
Oberlandesgericht Celle, Urteil vom 24.05.2019 – 13 U 144/17, 13 U 167/17 und 13 U 16/18 –