Ein Luftfahrtunternehmen hat den Fluggästen für eine Verspätung von drei Stunden oder mehr im Fall der Beschädigung eines Flugzeugreifens durch eine Schraube auf der Start- oder Landebahn eine Ausgleichszahlung nur zu leisten, wenn es nicht alle ihm zur Verfügung stehenden Mittel eingesetzt hat, um die Flugverspätung zu begrenzen (EuGH, Urteil v. 4.4.2019 – C-501/17).
In dem Verfahren stritten der Kläger und Germanwings darüber, ob wegen einer über dreistündigen Verspätung eines Germanwings-Flugs eine Ausgleichszahlung zu leisten ist. Der Kläger buchte bei Germanwings einen Flug von Dublin nach Düsseldorf. Dieser Flug wurde mit einer Ankunftsverspätung von drei Stunden und 28 Minuten durchgeführt. Germanwings lehnte die vom Kläger verlangte Ausgleichszahlung mit der Begründung ab, dass die Flugverspätung auf die Beschädigung eines Flugzeugreifens durch eine Schraube auf der Start- oder Landebahn zurückzuführen sei. Dies sei ein außergewöhnlicher Umstand im Sinne der Fluggastrechteverordnung weswegen eine Ausgleichspflicht entfalle.
Hierzu führten die Richter des EuGH weiter aus:
Ein Luftfahrtunternehmen ist nicht verpflichtet, seinen Passagieren Ausgleichszahlungen zu leisten, wenn es nachweisen kann, dass die Annullierung des Fluges bzw. dessen um drei Stunden oder mehr verspätete Ankunft auf außergewöhnliche Umstände zurückzuführen ist.
Als außergewöhnliche Umstände im Sinne der Fluggastrechteverordnung können Vorkommnisse angesehen werden, die ihrer Natur nach nicht Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betreffenden Luftfahrtunternehmens sind und von ihm nicht tatsächlich beherrschbar sind.
Zwar sind Luftfahrtunternehmen regelmäßig mit Reifenschäden ihrer Flugzeuge konfrontiert, jedoch kann der Reifenschaden, der ausschließlich auf die Kollision mit einem Fremdkörper auf dem Rollfeld des Flughafens zurückzuführen ist, seiner Natur nach nicht als Teil der normalen Ausübung der Tätigkeit des betreffenden Luftfahrtunternehmens angesehen werden.
Im Übrigen ist dieser Umstand vom Luftfahrtunternehmen nicht tatsächlich beherrschbar. Er ist daher ein außergewöhnlicher Umstand im Sinne der Fluggastrechteverordnung.
Um sich von seiner Ausgleichspflicht nach der Fluggastrechteverordnung zu befreien, hat das Luftfahrtunternehmen darüber hinaus nachzuweisen, dass es alle ihm zur Verfügung stehenden personellen, materiellen und finanziellen Mittel eingesetzt hat, um zu vermeiden, dass der Austausch des durch einen Fremdkörper auf dem Rollfeld eines Flughafens beschädigten Reifens zu dieser großen Verspätung des betreffenden Fluges führt.
Insoweit weist der Gerichtshof speziell zu Reifenschäden darauf hin, dass die Luftfahrtunternehmen auf allen von ihnen angeflogenen Flughäfen Verträge über den Reifenaustausch schließen können, die ihnen eine vorrangige Behandlung gewährleisten.