Wie zuletzt im CDH-Newsletter Nr. 15 vom August 2021 berichtet, hat die EU-Kommission im Rahmen ihrer laufenden Konsultation nunmehr den Entwurf der sogenannten Vertikal-GVO samt Leitlinien veröffentlicht und Stakeholder zur Stellungnahme aufgefordert.

Der Entwurf ist insofern wichtig, als dass die Vertikal-GVO auch Handelsvertreter betrifft.  In den Leitlinien zur Vertikal-GVO ist nämlich unter anderem das sog. Handelsvertreterprivileg verankert, welches typische Handelsvertreterverträge vom EU-weit geltenden Kartellverbot ausnimmt. Gebiets-, Kunden- und Preisabsprachen – also eigentlich unzulässige Kernbeschränkungen -, die typisch für Handelsvertreterverhältnisse sind, bleiben dank dieses Privilegs zulässig.

Erfreulich ist zunächst, dass die Kommission der eindringlichen Forderung der CDH nachgekommen ist, Handelsvertreterverträge grundsätzlich nicht unter das Kartellverbot zu stellen. Zudem ist die Kommission der Meinung der CDH gefolgt, und hat in den Leitlinien klargestellt, dass Online-Plattformen (z.B. Amazon, Booking.com etc.) keine Handelsvertreter bzw. diesen gleichgestellt sind.

Die CDH fordert jedoch in Ihrer abschließenden Stellungnahme weiterhin einige Änderungen. So soll nach (31) (a) Satz 1 des Leitlinien-Entwurfs eine Vereinbarung als Handelsvertretervertrag unter anderem dann anzusehen sein, wenn der Handelsvertreter die Vertragsdienstleistungen nicht selbst erbringt. Die CDH fordert die Kommission auf, diesen Satz ersatzlos zu streichen. Dieser widerspricht nämlich der immer wichtiger werdenden und gängigen Praxis, nach der Handelsvertreter sehr wohl zusätzlich (vergütete) Service-Leistungen erbringen. Die CDH will verhindern, dass Handelsvertreter, die diese zusätzlichen Leistungen erbringen, nicht als „klassische“ Handelsvertreter angesehen werden und somit unter das Kartellverbot fallen. Die Folge wäre, dass solche Handelsvertreter sodann vielmehr als Eigenhändler qualifiziert werden würden, so dass Gebiets- und Kundenbegrenzungen sowie Preisvereinbarungen nicht mehr möglich wären. Hersteller könnten deswegen Abstand vom Vertriebsweg Handelsvertretung nehmen.

Zudem beinhaltet der Leitlinien-Entwurf, wie auch die aktuell noch gültigen Leitlinien, eine Aufzählung von Risiken (z.B. Lagerhaltung ohne entsprechender Vergütung), die der Handelsvertreter nicht übernehmen darf, um kartellrechtlich auch als ein solcher zu gelten. Im Gegensatz zu den aktuell geltenden Leitlinien jedoch, fehlt im Entwurf die Klarstellung, dass diese Aufzählung nicht abschließend ist. Dies birgt aus Sicht der CDH die Gefahr, dass der beauftrage Handelsvertreter bei Übernahme eines neuen – nicht in den Leitlinien benannten – vergüteten Services aus kartellrechtlicher Sicht kein Handelsvertreter mehr ist, mit den zuvor genannten Folgen. Die Leitlinien, so die CDH, müssen eine dynamische Entwicklung in Handelsvertreterverhältnissen berücksichtigen.

Letztlich spricht der Leitlinien-Entwurf davon, dass nachvertragliche Wettbewerbsverbote maximal 1 Jahr betragen dürfen. Das deutsche Handelsvertreterrecht und das einiger anderer EU-Länder erlaubt aber ein solches Wettbewerbsverbot für die Dauer von 2 Jahren, was der hiesigen kartellrechtlichen Regelung widerspricht. Zudem moniert die CDH, dass das nachvertragliche Wettbewerbsverbot in einigen Ländern (z.B. Frankreich, Spanien, Dänemark) entschädigungsfrei auferlegt werden darf. Nach Meinung der CDH müsste ein entschädigungslos vereinbartes nachvertragliches Wettbewerbsverbot unzulässig sein, da das Risiko insoweit komplett auf den Handelsvertreter verlagert wird, was nach den bereits getroffenen Wertungen im EU Kartellrechtes gerade nicht erfolgen darf.

Die ausführliche Stellungnahme der CDH mit weiteren Forderungen finden Sie hier.