Mit Urteil vom 6. Juni 2020 hat der europäische Gerichtshof (EuGH) erneut und nach eindringlichem Einsatz der CDH eine ausschlaggebende Entscheidung zum Handelsvertreterrecht erlassen. Entgegen der französischen Rechtsprechung und in Übereinstimmung mit der Position der CDH muss ein Handelsvertreter keine Verhandlungsmacht haben, um einen Handelsvertreterstatus zu haben.

In dem zugrundeliegenden Fall des Pariser Handelsgerichts verlangte eine Handelsvertreteragentur einen Schadensersatzanspruch (vergleichbar mit dem Ausgleichsanspruch nach deutschem Recht) nachdem das vertretene Unternehmen den Handelsvertretervertrag gekündigt hat. Das vertretene Unternehmen entgegnete, dass die Agentur keinen Handelsvertreterstatus und deswegen keinen Entschädigungsanspruch habe, weil ihr die Befugnis fehle, die Bedingungen für den Verkauf der Artikel, insbesondere die Preise, zu ändern. Das französische Gericht legte sodann dem EuGH die Frage vor, ob eine Handelsvertretereigenschaft nur dann angekommen werden könne, wenn der Handelsvertreter eine Verhandlungsmacht über Bedingungen und Preise des Verkaufs innehat.

Die CDH hat sich mit schriftlicher Stellungnahme an das deutsche Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz gewandt, und unter Zugrundelegung ihrer Argumentation einen handelsvertreterfreundlichen Einsatz der Bundesregierung beim EuGH verlangt; mit Erfolg. Wie aus der Urteilsbegründung explizit hervorgeht, folgt der EuGH den von der CDH angeregten Argumenten der deutschen Regierung und urteilt, dass der Begriff „vermitteln“ (französisch „négocier“) in der Definition des Handelsvertreters in der Handelsvertreter-Richtlinie nicht zwingend voraussetzt, dass ein Handelsvertreter eine entsprechende Verhandlungsmacht haben müsse. Aus der in der Richtlinie verankerten Interessenwahrnehmungspflicht des Handelsvertreters ergibt sich, dass dieser sich insbesondere um die Vermittlung oder den Abschluss von Geschäften einsetzen muss. Die Hauptaufgaben des Handelsvertreters bestehen darin, für den Unternehmer neue Kunden zu werben und die Geschäftsverbindungen mit den vorhandenen Kunden zu erweitern. Eine Pflicht zur Verhandlung von Preisen etwa gibt die Richtlinie nicht her. Anderenfalls hätte es das vertretene Unternehmen in der Hand, durch entsprechende Vertragsgestaltung den Handelsvertreterstatus seines Vertragspartners einseitig zu bestimmen, bzw. auszuschließen. Dies liefe dem Schutzzweck der Richtlinie zuwider.

Die Entscheidung (EuGH C-828 / 18, Urteil vom 4.06.2020) finden Sie hier