Auswirkungen der Covid-19-Pandemie auf den Provisionsanspruch des Handelsvertreters

Das Corona-Virus hat die Wirtschaft fest im Griff. Auch Handelsvertreterverhältnisse werden von den Auswirkungen des Virus nicht verschont. Eine Frage, die sich Handelsvertreter zurzeit vermehrt stellt, ist die nach ihrem Anspruch auf Provisionszahlung für erfolgreich vermittelte, aber aufgrund der Corona-Krise nicht ausgeführte Geschäfte. Denkbar sind Fälle, in denen das vertretene Unternehmen ein Geschäft wegen Lieferschwierigkeiten nicht erfüllen kann, oder in denen der Kunde selbst am Geschäft nicht mehr festhalten möchte und dieses storniert.

Grundsatz für den Provisionsanspruch

Grundsätzlich gilt gemäß § 87 a Absatz 3 HGB, dass der Handelsvertreter seinen Provisionsanspruch behält, wenn das vertretene Unternehmen die ausgebliebene Geschäftsausführung zu vertreten hat. Fraglich ist in den oben geschilderten Fällen, ob das Unternehmen die Nichtausführung des Geschäfts auf eigener Seite oder auf Seiten des Kunden aufgrund der Auswirkungen der Corona-Pandemie zu vertreten hat.

Der erste Blick muss immer in die vertragliche Grundlage geworfen werden. Liegt ein schriftlicher Vertrag vor und enthält dieser eine Klausel zu „Höherer Gewalt“, wonach das Unternehmen etwa im Falle einer Pandemie ersatzlos von seiner Leistungspflicht befreit wird, richtet sich die Beantwortung der Frage nach der entsprechenden vertraglichen Vereinbarung. Anderenfalls gelten die gesetzlichen Vorschriften. Hier helfen die Regeln über die Unmöglichkeit der Leistungserbringung (§ 275 BGB) oder über den Wegfall der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) weiter.

Das vertretene Unternehmen liefert nicht

Kann das vertretene Unternehmen im Rahmen des vom Handelsvertreter vermittelten und bereits abgeschlossenen Geschäfts nicht liefern, etwa weil dieses seinen Betrieb im Zuge der Corona-Krise stilllegen musste oder weil Zulieferer nicht liefern können, ist zu prüfen, ob ein Fall der Unmöglichkeit nach § 275 BGB vorliegt. Danach fällt die Leistungspflicht des Lieferanten weg, wenn die Erfüllung der Leistungspflicht – wenn auch nur vorübergehend – unmöglich oder unverhältnismäßig ist. Wichtig dabei ist, dass der Lieferant zunächst alle ihm möglichen und zumutbaren alternativen Lieferquellen ausschöpfen muss, auch wenn dies mit höheren Aufwendungen und finanziellen Einbußen einhergeht. Erst wenn alle Alternativen erfolglos erschöpft sind, kann eine Unmöglichkeit angenommen werden. Der Lieferant muss jedoch für die unmögliche Leistung gegebenenfalls Schadensersatz leisten, wenn er die Unmöglichkeit zu vertreten hat. Dies kann etwa dann angenommen werden, wenn der Lieferant das Geschäft zu einem Zeitpunkt abgeschlossen hat, in dem er wusste oder hätte wissen müssen, dass es (hier: aufgrund der Corona-Pandemie) zu Leistungsstörungen kommen kann. Kann das vertretene Unternehmen also seine vertraglich geschuldete Leistung nicht auf anderem Wege erbringen und hat er diesen Umstand auch nicht zu vertreten, kann dieser von seiner Lieferpflicht gegenüber dem Kunden frei werden, mit der Folge, dass der Kunde nicht zahlen muss. Im Ergebnis kann dann aber der Handelsvertreter seinen Provisionsanspruch für das entsprechende Geschäft verlieren. Solche Fälle sind jedoch stets einer Einzelfallprüfung zu unterziehen.

Der Kunde möchte stornieren

Wünscht der Kunde, das bereits abgeschlossene Geschäft zu stornieren, ohne dass er sich dieses Recht vertraglich vorbehalten hat, behält der Handelsvertreter grundsätzlich seinen Provisionsanspruch. Akzeptiert das Unternehmen die eigentlich nicht gestattete Stornierung, hat dieses die Nichtausführung des vermittelten Geschäfts nämlich zu vertreten. Schließlich muss das Unternehmen der Geschäftsstornierung nicht zustimmen. Allerdings kann es Fälle geben, in denen es dem vertretenen Unternehmen unzumutbar ist, einer Stornierung zu widersprechen und seine Forderung auf Vertragserfüllung (in der Regel Abnahme und Zahlung der vermittelten und bestellten Leistung) gar gerichtlich einzuklagen. Insbesondere in dieser außergewöhnlichen Situation der Corona-Krise kann im konkreten Einzelfall durchaus von einer solchen Unzumutbarkeit ausgegangen werden, mit der Folge, dass der Provisionsanspruch entfällt.

Einzelfallprüfung auf Provisionsanspruch unentbehrlich

Eine allgemeine Antwort auf die Frage, ob Handelsvertreter bei „coronabedingten“ Leistungsstörungen ihren Anspruch auf Provisionszahlung behalten, gibt es nicht. Vielmehr muss jeder Fall einzeln betrachtet und geprüft werden. CDH-Mitglieder können in solchen Fallkonstellationen ihren Landesverband zur individuellen Beratung heranziehen.

Welche Auswirkungen die Pandemie auf Vertriebsverträge nach dem Recht anderer, ausgewählter Staaten hat, erfahren Sie hier in englischer Sprache auf der Webseite des internationalen Handelsvertreterverbandes IUCAB.