Die CDH kann erneut einen wichtigen Lobby-Erfolg in Brüssel verzeichnen. Nach fast vierjährigem intensivem Einsatz in Brüssel und Berlin, konnte die CDH durchsetzen, dass Handelsvertreter weiterhin nicht dem Kartellverbot unterliegen. Der Einsatz im Rahmen der Konsultation der sogenannten Vertikal-GVO hat sich ausgezahlt.

Allgemeines zur Vertikal-GVO

Vereinbarungen zwischen Unternehmen, die dazu geeignet sind, den Wettbewerb auf dem gemeinsamen Markt der Europäischen Union zu beeinträchtigen sind nach Art. 101 AEUV kartellrechtlich verboten (z.B. Preisvorgaben, Gebietsabsprachen, Wettbewerbsverbote). Ausnahmen hiervon sieht jedoch die Vertikal-GVO vor.

Die Vertikal-GVO ist zum 31.05.2022 ausgelaufen. Aus diesem Grund hatte die EU-Kommission im Jahr 2018 eine Konsultation eröffnet. Darin fragte die Kommission, ob die Vertikal-GVO und ihre Leitlinien angesichts wichtiger Trends oder Veränderungen in den letzten fünf Jahren, wie der zunehmenden Bedeutung von Online-Verkäufen und neuen Marktteilnehmern, überarbeitet oder ergänzt, oder aber auslaufen sollte.

Auswirkungen auf Handelsvertreter

Die CDH hat sich von Anfang an der Konsultation beteiligt, da ein Wegfall oder eine inhaltliche Änderung der Vertikal-GVO auch wesentliche Folgen für Handelsvertreter hätte haben können. So werden Handelsvertreterverhältnisse nämlich durch Kapitel II. 2. der Leitlinien der Vertikal-GVO aus dem Anwendungsbereich des Art. 101 Abs. 1 AEUV und somit vom Kartellverbot ausgenommen. Dieses sogenannte Handelsvertreterprivileg wird damit begründet, dass es in der Natur der Handelsvertreterverträge liegt, dass der Handelsvertreter an die Weisungen des Geschäftsherrn hinsichtlich der Preise und Konditionen der von ihm vermittelten oder abgeschlossenen Geschäfte gebunden ist. Handelsvertreter sind sozusagen Hilfsorgane der vertretenen Unternehmen und bilden mit Letzterem eine wirtschaftliche Einheit. Ausgenommen von diesem sog. Handelsvertreterprivileg sind jedoch solche Handelsvertreterverhältnisse, in denen der Handelsvertreter finanzielle oder geschäftliche Risiken übernimmt.

Eine Aufhebung des Handelsvertreterprivilegs hätte zu einer Rechtsunsicherheit geführt. Denn würden Handelsvertreterverträge nicht ausdrücklich vom Kartellverbot ausgenommen, könnte dies zu einer großen Verunsicherung gerade auf Seiten der vertretenen Unternehmen führen, mit der Folge, dass diese von diesem Vertriebskanal Abstand nehmen, weil etwa Gebiets-, Kunden- und Preisabsprachen – also eigentlich unzulässige Kernbeschränkungen -, die typisch für Handelsvertreterverhältnisse sind, im Rahmen dieses Vertragsverhältnisse nicht mehr ausdrücklich erlaubt wären. Ein Wegfall der Vertikal-GVO hätte den so wichtigen Vertriebsweg Handelsvertretung somit gefährdet.

Einsatz der CDH und neue Vertikal-GVO

Die CDH als Interessenvertreterin für Handelsvermittlungen und selbständige Vertriebsunternehmen hat sich selbstverständlich auch an der Konsultation beteiligt, um die EU-Kommission von der Wichtigkeit des Handelsvertreterprivilegs zu überzeugen und die Bedeutung von Handelsvertretungen für den EU-Binnenmarkt hervorzuheben. Mit Erfolg! Die Ausnahme von Handelsvertretern vom Kartellverbot bleibt erhalten. Vertretene Unternehmen können ihren Vertrieb über Handelsvertreter somit weiterhin beruhigt organisieren.

Zudem konnte die CDH durchsetzen, dass Online-Vermittler-Plattformen (z.B. Amazon, Booking.com, etc.) nicht als Handelsvertreter im kartellrechtlichen Sinne angesehen werden. Die teilweise mächtigen Plattformen könnten sich so auf die kartellrechtlichen Privilegien von Handelsvertretern berufen und Ihre Marktmacht noch mehr ausbauen. Bereits das faktische Kräfte- und Machtverhältnis (z.B. marktmächtige Online-Plattform und „kleiner“ Anbieter) spiegeln nicht das typische Handelsvertreterverhältnis wieder, in dem der Handelsvertreter in der Regel die „kleinere“ und in bestimmten Grenzen weisungsgebundene Vertragspartei ist.

Weiterhin gab es einige Stimmen, die die „Laufzeit“ der Vertikal-GVO auf fünf Jahre beschränken wollten, anstatt wie sonst üblich auf zehn Jahre. Auch dies konnte die CDH zusammen mit dem internationalen Handelsvertreterverband IUCAB verhindern, und so Handelsvertretern und ihren vertretenen Unternehmen für weitere zehn Jahre Rechtssicherheit erkämpfen.

Ansonsten stellt die Kommission in den neuen Vertikal-Leitlinien unter anderem klar, unter welchen Voraussetzungen, Handelsvertreter für den gleichen Hersteller gleichzeitig als Eigenhändler tätig sein können. Die ist nämlich dann möglich, wenn es sich nicht um die gleiche Produktkategorie handelt, der Hersteller die Kosten für die Handelsvertretertätigkeit übernimmt und Letztere freiwillig erfolgt. Des Weiteren wird klargestellt, dass ein kurzzeitiger Eigentumserwerb des Handelsvertreters an dem vermittelten Produkt einer Handelsvertretereigenschaft nicht entgegenstehe.

Die neue Vertikal-GVO ist am 1. Juni 2022 für weitere zehn Jahre in Kraft getreten.

Das Wichtigste in Kürze:

  • Im Jahr 2018 startete die EU-Kommission eine Konsultation zur Vertikal-GVO, die zum 31. Mai 2022 ausgelaufen ist und mit Wirkung vom 1. Juni 2022 den neuen Marktentwicklungen angepasst wurde.
  • Mit Wegfall des in den Leitlinien für vertikale Beschränkungen verankerten Handelsvertreterprivilegs wäre auch der Vertriebskanal Handelsvertretung betroffen gewesen.
  • Die Jahre andauernde Lobbyarbeit der CDH in Brüssel hat sich ausgezahlt. Das Handelsvertreterprivileg bleibt erhalten und stärkt diesen so wichtigen Vertriebsweg.

 

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