Eine Gerichtsstandsvereinbarung mit salvatorischer Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen benachteiligt den Vertragspartner des Verwenders unangemessen und ist auch bei einer Verwendung im unternehmerischen Geschäftsverkehr unwirksam. Die betreffende Klausel ist wegen der abschließenden Formulierung „soweit dies gesetzlich zulässig ist“ zu unbestimmt und ist deshalb unwirksam.

Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Allgemeine Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist.

Maßgebend sind die Verständnismöglichkeiten des typischen Vertragspartners des Verwenders. Die Anforderungen an die Transparenz von Vertragsbestimmungen sind im Geschäftsverkehr mit Unternehmern nicht generell geringer als im Rechtsverkehr mit Verbrauchern, wenngleich bei Unternehmern aufgrund ihrer Geschäftserfahrung und der berücksichtigungsfähigen Gewohnheiten und Gebräuche des Handelsverkehrs von einer besseren Erkenntnis- und Verständnismöglichkeit als bei Verbrauchern auszugehen ist

Der Verstoß gegen das Verständlichkeitsgebot bewirkt auch im Geschäftsverkehr mit Unternehmern eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners, denn die Klausel ist nach dem anzulegenden generellen Maßstab aufgrund ihrer Intransparenz geeignet, den Vertragspartner, der als Unternehmer (§§ 14, 310 Abs. 1 Satz 1 BGB) nicht zugleich Kaufmannseigenschaft (§ 38 Abs. 1 ZPO) haben muss, in seiner Rechtsdurchsetzung nachteilig zu beeinflussen und von der Durchsetzung seiner Rechte abzuhalten.

BayObLG, Beschluss vom 26. Oktober 2021 – 101 AR 148/21

Die Klägerin mit Sitz in Stuttgart nimmt den Beklagten mit Wohnsitz in Kempten (Allgäu) unter anderem auf Rückzahlung von Courtagen aus innerhalb der Stornohaftungszeit stornierten Versicherungsverträgen in Anspruch.

§ 11 (Schlussbestimmungen) des zugrundeliegenden Vertrags bestimmt unter Ziffer 5: „Erfüllungsort für alle Verbindlichkeiten aus diesem Vertrag ist Köln. Gerichtsstand für alle

Streitigkeiten aus diesem Vertrag ist ausschließlich Stuttgart, soweit gesetzlich zulässig.“

Die Zuständigkeit des in dem Fall von dem Kläger angerufenen Landgerichts Kempten (Allgäu) ergibt sich daraus, dass die Parteien keine wirksame Gerichtsstandsvereinbarung getroffen haben und die Klägerin unter den in Betracht kommenden Gerichten das Landgericht Kempten (Allgäu) wirksam gewählt hat.

Die im Streitfall verwendete Gerichtsstandsklausel ist nämlich nach § 310 BGB unwirksam. Da der Vertragstext, in den sie eingebettet ist, bereits nach seinem äußeren Erscheinungsbild, aber auch nach seinem Inhalt den Charakter eines von der Klägerin verwendeten Formulars aufweist, stellt sie eine Allgemeine Geschäftsbedingung dar. Als solche unterliegt sie gemäß § 310 Abs. 1 Sätze 1 und 2 BGB auch bei Verwendung gegenüber einem Unternehmer (§ 14 BGB) der Inhaltskontrolle nach § 307 BGB, in deren Rahmen auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche Rücksicht zu nehmen ist.

Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Allgemeine Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Der Verwender ist daher gehalten, die Rechte und Pflichten seines Vertragspartners in Allgemeinen Geschäftsbedingungen möglichst klar und durchschaubar darzustellen. Er muss einerseits die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschreiben, dass für ihn keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Der Vertragspartner soll andererseits ohne fremde Hilfe möglichst klar und einfach seine Rechte und Pflichten feststellen können, damit er die rechtliche Tragweite der Vertragsbedingungen bei Vertragsschluss hinreichend erfassen kann.

Die von der Klägerin verwendete Vertragsklausel hält der Inhaltskontrolle nicht stand, denn sie ist wegen des Zusatzes „soweit gesetzlich zulässig“ intransparent und diese Intransparenz begründet eine unangemessene Benachteiligung der Rechtsstellung des Vertragspartners.

Maßgebend sind die Verständnismöglichkeiten des typischen Vertragspartners des Verwenders. Die Anforderungen an die Transparenz von Vertragsbestimmungen sind im Geschäftsverkehr mit Unternehmern nicht generell geringer als im Rechtsverkehr mit Verbrauchern, wenngleich bei Unternehmern aufgrund ihrer Geschäftserfahrung und der berücksichtigungsfähigen Gewohnheiten und Gebräuche des Handelsverkehrs von einer besseren Erkenntnis- und Verständnismöglichkeit als bei Verbrauchern auszugehen ist. Juristischer Sachverstand, wie er für das Verständnis der in § 11 Satz 2 gemachten Beschränkung auf das rechtlich Zulässige erforderlich wäre, kann auch Unternehmern bei der Frage, ob das Transparenzgebot eingehalten ist, nicht unterstellt werden.

Zwar ist höchstrichterlich noch nicht entschieden, ob eine salvatorische Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen ausnahmsweise dann als wirksam angesehen werden kann, wenn die Rechtslage zweifelhaft ist oder wenn es dem Verwender im Interesse der Übersichtlichkeit der Klausel erspart werden soll, Ausnahmen für außergewöhnliche Sachverhalte zu formulieren. Ist die Rechtslage hingegen klar, für die in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eine Regelung getroffen werden soll, und die Frage der Übersichtlichkeit für diese Regelung nicht von Relevanz, können gemäß nahezu einhelliger Meinung in Rechtsprechung und Literatur salvatorische Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen – auch im unternehmerischen Geschäftsverkehr – nicht wirksam vereinbart werden. Dem Verwender ist in dieser Situation vielmehr eine klare Fassung seiner Allgemeinen Geschäftsbedingungen abzuverlangen. Er kann es nicht in die Hand der Gerichte legen, eine pauschal und unsorgfältig gefasste Klausel auf das gesetzlich zulässige Maß zu beschränken und ihr damit überhaupt erst einen bestimmten Inhalt zu geben; darauf aber läuft der Gebrauch einer salvatorischen Klausel hinaus.

In welchen Konstellationen Vereinbarungen über den Gerichtsstand zulässig sind, ist rechtlich klar geregelt. Deshalb trägt der Verwender die Verantwortung für eine klare, vom durchschnittlichen Vertragspartner ohne Weiteres nachvollziehbare Fassung der Klausel, gegebenenfalls durch konkrete Benennung der maßgeblichen gesetzlichen Bestimmung. Dem steht nicht entgegen, dass eine pauschale Gerichtsstandsklausel ohne einen Vorbehalt dahingehend, dass sie gegenüber Nichtkaufleuten keine Anwendung finde, nach einhelliger Meinung bei einer Verwendung gegenüber Kaufleuten wirksam und bei einer Verwendung gegenüber Nichtkaufleuten unwirksam ist. Denn die AGB-rechtliche Inhaltskontrolle ist von der Frage, ob ein gesetzlicher Verbotstatbestand nach § 38 ZPO vorliegt, zu trennen. Der AGB-rechtlich schädliche Zusatz führt auf der Ebene der Inhaltskontrolle unabhängig vom Vorliegen eines gesetzlichen Verbotstatbestands zur Unwirksamkeit der Klausel, während § 38 ZPO keinen Schutz vor unangemessenen gerichtsstandsregelnden Allgemeinen Geschäftsbedingungen bietet. Den Anforderungen des Transparenzgebots genügt die vorliegend zu beurteilende Klausel nicht, weil dem Zusatz „soweit gesetzlich zulässig“ keinerlei Anhaltspunkt entnommen werden kann, unter welchen Umständen die Gerichtsstandsvereinbarung keine Wirkungen entfalten solle.

Der Verstoß gegen das Verständlichkeitsgebot bewirkt auch im Geschäftsverkehr mit Unternehmern eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners, denn die Klausel ist nach dem anzulegenden generellen Maßstab aufgrund ihrer Intransparenz geeignet, den Vertragspartner, der als Unternehmer (§§ 14, 310 Abs. 1 Satz 1 BGB) nicht zugleich Kaufmannseigenschaft (§ 38 Abs. 1 ZPO) haben muss, in seiner Rechtsdurchsetzung nachteilig zu beeinflussen und von der Durchsetzung seiner Rechte abzuhalten. Dieser Nachteil wiegt schwer, denn § 38 ZPO ist auch aus Gerechtigkeitsgründen eingeführt worden, um die in der allgemeinen Gerichtsstandsregelung der §§ 12, 13, 17 ZPO zum Ausdruck kommende Vergünstigung für Beklagte vor einer Beschneidung durch den „stärkeren“ Vertragspartner zu schützen. Ihm steht kein berechtigtes Interesse des Klauselverwenders gegenüber.


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Der Beschluss ist für eine Veröffentlichung in der Rechtsprechungssammlung HVR-Online vorgesehen, die unter http://www.cdh-wdgmbh.de bestellt werden kann.