Die Genehmigung eines Vertragsschlusses – in diesem Fall eines Handelsvertretervertrages – ist ein einseitiges Rechtsgeschäft, das gegenüber einem Vertreter oder dem Vertragspartner erklärt werden kann. Liegt keine ausdrückliche Genehmigung vor, kann die Genehmigung eines schwebend unwirksamen Rechtsgeschäfts jedoch auch konkludent erklärt werden. Entscheidend ist in einem solchen Fall, ob nach der Lehre vom objektiven Empfängerhorizont der Handelsvertreter selbst bzw. sein Vertreter das Verhalten eines Vertretungsberechtigten des fraglichen Herstellerunternehmens – in diesem Fall des Geschäftsführers – nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte als Genehmigung des Handelsvertretervertrages verstehen durfte. Ein auffälliges Missverhältnis zwischen den vertraglichen Rechten und Pflichten der Vertragsparteien kann zur Sittenwidrigkeit und damit zur Unwirksamkeit eines Handelsvertretervertrages führen. Eine Provisionshöhe von 5 % der Vertragssumme ist insoweit nicht ungewöhnlich. Dass diese auch bei Geschäften anfallen kann, die der Handelsvertreter nicht persönlich vermittelt hat, ist die Folge einer vereinbarten Bezirksvertretung. Diese Möglichkeit der Vertragsgestaltung ist vom Gesetzgeber ausdrücklich vorgesehen und vermag daher eine Sittenwidrigkeit nicht zu begründen.
Das Fehlen von Kundenlisten kann ebenfalls nicht zur Sittenwidrigkeit eines Handelsvertretervertrages führen. Dass der Kreis von Kunden, für die Provision verlangt werden kann, nur territorial auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland und Österreichs begrenzt ist, ergibt sich ebenfalls aus der vertraglich vereinbarten Stellung der Klägerin als Bezirksvertreterin.
Dass ein Handelsvertretervertrag einseitig formuliert ist und nur Pflichten für das vertretene Unternehmen enthält, hat nicht zur Folge, dass den Handelsvertreter keine Pflichten treffen; vielmehr folgen mangels vertraglicher Regelung die Pflichten des Handelsvertreters aus dem Gesetz – insbesondere aus § 86 HGB. Auch eine strenge Vertragsstrafenregelung vermag eine Sittenwidrigkeit des Gesamtvertrages nicht zu begründen.
Legt der Handelsvertreter die nach seiner Ansicht provisionspflichtigen Vorgänge durch Vorlage von Rechnungslisten, die das Rechnungsdatum, die Rechnungsnummer, den Kunden sowie den Rechnungsbetrag enthalten, schlüssig dar, darf das vertretene Unternehmer nach dem Grundsatz der abgestuften Darlegungs- und Beweislast sich dem gegenüber nicht mit pauschalem Bestreiten begnügen. Vielmehr müssen konkrete Einwendungen gegen die einzelnen vom Handelsvertreter vorgebrachten provisionspflichtigen Vorgänge erhoben werden. Dies hatte der vertretene Unternehmer jedoch nicht ausreichend getan. Dies führte dazu, dass die Ausführungen des Handelsvertreters zu den provisionspflichtigen Vorgängen als ausreichend betrachtet wurden, unabhängig davon, dass der Buchauszug dem Gericht nicht vorlag.
OLG München, Urteil vom 20. September 2023 – 7 U 321/22
Die Parteien stritten um Ansprüche aus einem Handelsvertreterverhältnis.
Die Beklagten schuldeten der Klägerin für die Zeiträume bis 30.9.2019 Provisionen in der verlangten Höhe, so dass die Berufung der Beklagten zu Recht zurückgewiesen wurde und die Berufung der Klägerin Erfolg hatte.
Zwischen den Parteien bestand im streitgegenständlichen Zeitraum ein wirksames Handelsvertreterverhältnis.
Die Klagepartei hat diesbezüglich unbestritten vorgetragen, dass Herr T. bei einem persönlichen Treffen mit Herrn L. am 19.9.2014 (also rund eineinhalb Monate nach Vertragsschluss) am Messestand der W.-Gruppe auf der Automobilmesse in F. detaillierte Kenntnis vom Inhalt des Handelsvertretervertrages zeigte, die weitere Zusammenarbeit besprach und Herrn L. gegenüber Geschäftspartnern als Handelsvertreter für Deutschland vorstellte; ferner sei bei dieser Gelegenheit die Gestaltung einer Visitenkarte für Herrn L. besprochen worden; wenig später seien der Klägerin entsprechende Visitenkarten übersandt worden. – Auf dem vorgelegten Exemplar einer solchen Visitenkarte sind die (damaligen) Firmen aller drei Beklagten sowie „H. L. Verkaufsniederlassung“ aufgedruckt.
Nach Auffassung des Senats musste sich dem Zeugen L. aus der Gesamtschau der vorstehenden unstreitigen Umstände der Eindruck aufdrängen, dass Herr T. mit dem Inhalt des Handelsvertretervertrages vertraut war und diesen namens der Beklagten billigte. Damit wurde der Handelsvertretervertrag, sollte er zunächst schwebend unwirksam gewesen sein, jedenfalls rückwirkend auf seinen Abschluss wirksam.
Der Vertrag von 15./18.8.2014 ist nicht wirksam angefochten. Als Anfechtungsgrund wird erstinstanzlich nur die behauptete mangelnde Vertretungsmacht des Herrn K. angeführt. Dieser Gesichtspunkt lässt sich weder unter §§ 119, 120 BGB noch unter § 123 BGB subsumieren.
Der Vertrag vom 15./18.8.2014 ist nicht nach § 138 BGB wegen Sittenwidrigkeit nichtig. Ein auffälliges Missverhältnis zwischen den vertraglichen Rechten und Pflichten der Vertragsparteien lässt sich nicht feststellen.
Eine Provisionshöhe von 5 % der Vertragssumme ist nach der Kenntnis des regelmäßig mit Handelsvertretersachen befassten Senats nicht ungewöhnlich. Dass diese auch bei Geschäften anfallen kann, die die Klägerin nicht vermittelt hat, ist eine Folge der vereinbarten Bezirksvertretung (§ 87 Abs. 2 HGB). Diese Möglichkeit der Vertragsgestaltung ist vom Gesetzgeber ausdrücklich vorgesehen und vermag daher das Verdikt der Sittenwidrigkeit nicht zu begründen.
Nicht nachvollziehbar ist, warum das Fehlen von Kundenlisten zur Sittenwidrigkeit des Vertrages führen soll. Dass der Kreis von Kunden, für die Provision verlangt werden kann, nur territorial auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland und Österreichs begrenzt ist, ergibt sich aus der vertraglich vereinbarten Stellung der Klägerin als Bezirksvertreterin.
Dass der Vertrag einseitig formuliert ist und nur Pflichten der Beklagten enthält, mag sein. Das hat aber nicht zur Folge, dass die Klägerin keine Pflichten treffen; vielmehr folgen mangels vertraglicher Regelung die Pflichten der Klägerin aus dem Gesetz (insbesondere § 86 HGB). Soweit die Beklagten Schadensersatzregelungen zu ihren Gunsten vermissen, gelten für den Fall von Pflichtverletzungen auf Seiten der Klägerin die §§ 280 ff. BGB.
Die strenge Vertragsstrafenregelung vermag eine Sittenwidrigkeit des Gesamtvertrages ebenfalls nicht zu begründen. Denn selbst wenn Ziffer 5 des Vertrages unwirksam wäre, ließe dies nach § 14 des Vertrages die übrigen Vertragsklauseln unberührt.
Der Vertrag wurde im streitgegenständlichen Zeitraum bis 30.9.2019 nicht wirksam gekündigt. Behauptet wird nur eine Kündigungserklärung vom 1.11.2021. Diese hätte im Falle ihrer Wirksamkeit den Vertrag frühestens mit ihrem Zugang bei der Klägerin und damit keinesfalls vor dem 30.9.2019 beendet.
Die Ansprüche auf Zahlung von Provision bestehen in der von der Klägerin geltend gemachten Höhe und nicht nur in dem vom Landgericht zuerkannten Umfang.
Zu Recht hat das Landgericht den klägerischen Vortrag zu den provisionspflichtigen Geschäften als unstreitig behandelt. Die Klägerin hat die nach ihrer Ansicht provisionspflichtigen Vorgänge durch Vorlage der Rechnungslisten als Anlage zum Schriftsatz vom 23.8.2021 schlüssig dargelegt. Diese enthalten das Rechnungsdatum, die Rechnungsnummer, den Kunden sowie den (wohl verbuchten) Betrag in Lire sowie den Rechnungsbetrag in Euro. Nach dem Grundsatz der abgestuften Darlegungs- und Beweislast hätten sich die Beklagten dem gegenüber nicht mit pauschalem Bestreiten begnügen dürfen, sondern hätten konkrete Einwendungen gegen die einzelnen von der Klägerin vorgebrachten provisionspflichtigen Vorgänge erheben müssen; hierzu wären sie auch in der Lage gewesen, da die Klägerin diese Angaben mit Hilfe der Wirtschaftsprüferkanzlei R. und Partner aus den Büchern der Beklagten gewonnen hat. Damit sind die schlüssigen und konkreten Ausführungen der Klägerin zu den provisionspflichtigen Vorgängen nicht hinreichend bestritten. Hiernach spielt es keine Rolle, dass der im Wege der Ersatzvornahme erstellte Buchauszug dem Senat nicht vorliegt.
Als Provision geschuldet werden 5 % vom jeweiligen Rechnungsbetrag. Die Rechnungen der Klägerin an ihre deutschen und österreichischen Kunden lauteten auf Euro. Hiervon ist der Senat aufgrund der im Rahmen des Zwangsvollstreckungsverfahrens vorgelegten Rechnungen überzeugt. Geschuldet ist also die Provision in Euro aus dem Rechnungsbetrag in Euro. Damit stellt sich das vom Landgericht gesehene Umrechnungsproblem nicht; vielmehr sind die vom Wirtschaftsprüfer ermittelten und in der Rechnungsliste angegebenen Euro-Beträge zugrunde zu legen.
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