Urteile des Monats

Beschaffung bargeldloser Zahlungsmöglichkeiten keine erforderliche Unterlage

Nach § 86a Abs. 1 HGB hat der Unternehmer dem Handelsvertreter die zur Ausübung seiner Tätigkeit erforderlichen Unterlagen, wie beispielsweise Muster, Preislisten oder Werbedrucksachen kostenlos zur Verfügung zu stellen. Eine gegenteilige Vergütungsvereinbarung, mit der eine Vergütung für die Zurverfügungstellung derartiger Unterlagen vereinbart wird, ist daher gemäß § 86a Abs. 3 HGB unwirksam. Von dem Begriff der Unterlagen wird dabei ungeachtet der auf körperliche Gegenstände hindeutenden Aufzählung zwar grundsätzlich alles erfasst, was dem Handelsvertreter zur Ausübung seiner Vermittlungs- oder Abschlusstätigkeit dient und aus der Sphäre des Unternehmers stammt. Die Vorschrift ist jedoch eng auszulegen, was die Erforderlichkeit der Unterlagen betrifft. Denn der Handelsvertreter trägt nach § 87d HGB die in seinem regelmäßigen Geschäftsbetrieb entstehenden Aufwendungen grundsätzlich selbst.

2022-05-04T08:37:58+02:0004.05.2022|

Umfang des Anspruchs auf Erteilung eines Buchauszugs

Der Anspruch auf Erteilung eines Buchauszugs soll dem Handelsvertreter die Kontrolle der ihm erteilten Provisionsabrechnungen ermöglichen. Aus diesem Grunde muss der Buchauszug die im Zeitpunkt seiner Aufstellung für die Berechnung, die Höhe und die Fälligkeit der Provisionen relevanten Geschäftsverhältnisse vollständig widerspiegeln, soweit sie sich aus den Büchern des Unternehmers entnehmen lassen.

2022-04-13T14:33:33+02:0005.04.2022|

Neukunden als potentielle Stammkunden

Stammkunden, mit denen eine Geschäftsverbindung i. S. v. § 89 b Absatz 1 Nr. 1 HGB besteht, sind Mehrfachkunden, das heißt diejenigen Kunden, die in einem überschaubaren Zeitraum, in dem üblicherweise mit Nachbestellungen zu rechnen ist, mehr als nur einmal ein Geschäft mit dem Unternehmer abgeschlossen haben oder voraussichtlich abschließen werden. Das bedeutet in der Regel genügt ein Folgegeschäft im maßgeblichen Zeitraum. Neukunden, die erst so kurz vor Ende des Handelsvertretervertrags gewonnen wurden, können als potentielle Stammkunden zu berücksichtigen sein, auch wenn es innerhalb der Restlaufzeit des Handelsvertretervertrages nicht mehr zu einem Folgegeschäft gekommen ist.

2022-03-01T11:47:11+01:0001.03.2022|

Unzulässige Vorgaben beim Abrechnungsanspruch

Die nach § 87 c Abs. 1 HGB geschuldete Provisionsabrechnung enthält die Mitteilung des Unternehmers, in welcher Höhe einem Handelsvertreter nach der Auffassung seines Prinzipals ein Provisionsanspruch zusteht und wie er sich zusammensetzt und errechnet. Daraus ergibt sich, dass im Rahmen dieses Anspruchs nicht zu klären ist, ob der Unternehmer in diese Abrechnungen einen einheitlichen Provisionssatz von 15 % einzustellen hat oder - wie der Unternehmer im betreffenden Sachverhalt meinte - bei Bestandskunden nur einen solchen von 7,5 %. Vielmehr genügt der Unternehmer seiner Abrechnungspflicht, wenn er von demjenigen Provisionssatz ausgeht, den er für zutreffend erachtet.

2022-02-10T09:17:24+01:0001.02.2022|

Vermittlung von Geschäftskontakten ohne Förderung konkreter Geschäftsabschlüsse

Vermittlung von Geschäften im Sinne von § 84 Abs. 1 HGB ist in erster Linie eine auf den Abschluss von Geschäften gerichtete Tätigkeit, die einen konkreten Abschluss vorbereitet und ermöglicht. Eine derartige Tätigkeit erfordert somit das Einwirken auf einen Dritten als künftigen Geschäftspartner. Daher "vermittelt" der Handelnde nur dann, wenn er mittelbar oder unmittelbar auf den Dritten einwirkt, um einen Geschäftsabschluss herbeizuführen. Für die Annahme eines Handelsvertreterverhältnisses bedarf es damit zwingend der Förderung von konkreten Geschäftsabschlüssen durch den Handelsvertreter. Nicht ausreichend für diese Annahme sind hingegen das Schaffen von Geschäftskontakten, die Kontaktpflege selbst oder auch die bloße Kundenbetreuung. Ist deshalb das Bestehen eines Handelsvertretervertrages abzulehnen, weil der Handelnde nicht mit der Vermittlung von Geschäften ständig betraut ist, so ist ein Geschäftsbesorgungsvertrag nach § 675 Abs. 1, 611 ff. BGB anzunehmen. Geschäftsbesorgung im Sinne von § 675 Abs. 1 BGB ist jede selbstständige Tätigkeit wirtschaftlicher Art zur Wahrnehmung fremder Vermögensinteressen. Auch rechtsgeschäftsähnliche oder tatsächliche Handlungen können darunter fallen. Die Herstellung von Geschäftskontakten ist somit unter diesem Begriff zu fassen. Fehlt es an in einem derartigen Sachverhalt an einer vereinbarten, taxmäßigen oder üblichen Vergütung, ist die Höhe der Vergütung im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung zu ermitteln. OLG Hamm, Urteil vom 30. September 2021 – 18 U 74/20

2021-12-23T18:27:35+01:0006.12.2021|

Gerichtsstandsvereinbarung mit salvatorischer Klausel unwirksam

Eine Gerichtsstandsvereinbarung mit salvatorischer Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen benachteiligt den Vertragspartner des Verwenders unangemessen und ist auch bei einer Verwendung im unternehmerischen Geschäftsverkehr unwirksam. Die betreffende Klausel ist wegen der abschließenden Formulierung „soweit dies gesetzlich zulässig ist“ zu unbestimmt und ist deshalb unwirksam. Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Allgemeine Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Eine unangemessene Benachteiligung kann sich nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB auch daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Maßgebend sind die Verständnismöglichkeiten des typischen Vertragspartners des Verwenders. Die Anforderungen an die Transparenz von Vertragsbestimmungen sind im Geschäftsverkehr mit Unternehmern nicht generell geringer als im Rechtsverkehr mit Verbrauchern, wenngleich bei Unternehmern aufgrund ihrer Geschäftserfahrung und der berücksichtigungsfähigen Gewohnheiten und Gebräuche des Handelsverkehrs von einer besseren Erkenntnis- und Verständnismöglichkeit als bei Verbrauchern auszugehen ist Der Verstoß gegen das Verständlichkeitsgebot bewirkt auch im Geschäftsverkehr mit Unternehmern eine unangemessene Benachteiligung des Vertragspartners, denn die Klausel ist nach dem anzulegenden generellen Maßstab aufgrund ihrer Intransparenz geeignet, den Vertragspartner, der als Unternehmer (§§ 14, 310 Abs. 1 Satz 1 BGB) nicht zugleich Kaufmannseigenschaft (§ 38 Abs. 1 ZPO) haben muss, in seiner Rechtsdurchsetzung nachteilig zu beeinflussen und von der Durchsetzung seiner Rechte abzuhalten. BayObLG, Beschluss vom 26. Oktober 2021 – 101 AR 148/21

2021-11-03T19:26:44+01:0003.11.2021|

Verkauf von Waren – Handelsvertreterrichtlinie im digitalen Zeitalter angekommen

Der Begriff „Verkauf von Waren“ in der Handelsvertreterrichtlinie ist laut einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 16. September 2021 unter dem Aktenzeichen C – 410/19 dahingehend auszulegen, dass er die elektronische Lieferung eines Computerprogramms an einen Kunden gegen Bezahlung einschließen kann, selbst wenn diese Lieferung durch die Erteilung einer unbefristeten Lizenz zur Nutzung des Programms ergänzt wird und damit eine förmliche Eigentumsübertragung auf den ersten Blick nicht stattgefunden hat. EuGH, Urteil vom 16. September 2021 – Az. C-410/19

2021-10-05T11:18:36+02:0005.10.2021|

Fortbestehende Provisionspflicht bei Nichtausführen des Geschäfts

Der Handelsvertreter behält grundsätzlich auch dann seinen Provisionsanspruch, wenn der vertretene Unternehmer das von ihm vermittelte Geschäft nicht ausführt, es sei denn der Unternehmer hat die Nichtausführung nicht zu vertreten. Bei der Beurteilung des Vertretenmüssens im Sinne von § 87a Abs. 3 Satz 2 HGB sind die Interessen von Unternehmer und Handelsvertreter voneinander abzugrenzen. Denn die Treuepflicht ist keine einseitig den Unternehmer treffende Pflicht, vielmehr trifft den Handelsvertreter gegenüber dem Unternehmer seinerseits eine Treuepflicht. Der Unternehmer trägt allerdings die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Nichtausführung auf Umständen beruht, die er nicht zu vertreten hat. Dabei kann der vertretene Unternehmer ohne Nachteile bei § 87a Abs. 3 Satz 2 HGB auf die Zurückweisung einer aus Rechtsgründen unwirksamen Kündigung des Kunden (in diesem Fall ein Versicherungsnehmer) verzichten, wenn eine Beitreibung der Prämien (hier: wegen Staatenimmunität) absehbar aussichtslos gewesen wäre. Der Unternehmer (in diesem Fall der Versicherer) kann entweder eigene Maßnahmen zur Stornoabwehr ergreifen, die dann nach Art und Umfang ausreichend sein müssen, oder sich darauf beschränken, dem Versicherungsvertreter durch eine Stornogefahrmitteilung Gelegenheit zu geben, den notleidend gewordenen Vertrag selbst nachzubearbeiten. Unterlässt der Versicherer in beider Hinsicht ausreichende Nachbearbeitungsmaßnahmen, muss er sich so behandeln lassen, als sei eine erfolgreiche Nachbearbeitung erfolgt und als sei der Provisionsanspruch des Vertreters endgültig entstanden. KG Berlin, Beschluss vom 4. Juni 2021 Aktz. 2 U 5/18

2021-08-30T10:52:09+02:0030.08.2021|

Außerordentliche Kündigung wegen Verlust des Vertriebsrechtes

Ein zur außerordentlichen Kündigung berechtigender wichtiger Grund ist anzunehmen, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Handelsvertretervertrags bis zum Ablauf der ordentlichen Kündigungsfrist nicht zuzumuten ist. Der wichtige Grund kann dabei, auch wenn der Prinzipal den Handelsvertretervertrag kündigt, aus der Sphäre des Prinzipals stammen. Selbst wenn ein wichtiger Kündigungsgrund anzuerkennen ist, kann der Prinzipal jedoch nach Treu und Glauben ausnahmsweise zur Einhaltung einer angemessenen Übergangsfrist, die nicht der ordentlichen Kündigungsfrist entsprechen muss, verpflichtet sein. Der Verlust des eigenen Vertriebsrechtes des Prinzipals aufgrund einer unternehmerischen Entscheidung seiner Konzernmutter, die bislang vertriebene Marke zu verkaufen, kann einen derartigen wichtigen Kündigungsgrund darstellen, der den Prinzipal zur außerordentlichen Kündigung gegenüber dem Handelsvertreter berechtigt. - OLG München, Beschluss vom 26. Oktober 2020 – 7 U 4016/20

2021-07-19T17:22:21+02:0019.07.2021|

Ausschluss des Handelsvertreterausgleichs auch bei Überschreitung der angemessenen Überlegungszeit durch den Unternehmer

Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters ist ausgeschlossen, wenn der Unternehmer das Vertragsverhältnis kündigt und für die Kündigung ein wichtiger Grund wegen schuldhaften Verhaltens des Handelsvertreters vorliegt. Ob der Unternehmer dabei auch die formalen Voraussetzungen für eine verhaltensbedingte Kündigung einhält (hier: Wahrung angemessener Überlegungszeit), ist für den Handelsvertreterausgleich jedenfalls dann unerheblich, wenn eine Kündigung durch den Unternehmer ausgesprochen worden und die Beendigung des Handelsvertretervertrages als solche unstreitig ist. Der Handelsvertreter hatte das Vertragsverhältnis nach Kündigung durch den Unternehmer seinerseits selbst gekündigt, ohne dass ein Verhalten des Unternehmers hierzu begründeten Anlass gegeben hatte. Denn die fristlose Kündigung des Unternehmers erfolgte mit hinreichendem Grund – nämlich wegen einer Tätigkeit der Ehefrau des Handelsvertreters für die Hauptkonkurrentin des Unternehmers. Kammergericht Berlin, Beschluss vom 22. Februar 2021 – 2 U 13/18

2021-06-02T09:55:41+02:0002.06.2021|
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